Tag 7: Samstag 29.02.2020 – Ende gut, alles gut…
Wie in den vorherigen Beiträgen zu erfahren war, mussten wir während des diesjährigen Aufbaus feststellen, dass knapp 30 Meter Schutzzaun und 5 Fangeimer fehlten und es uns so nicht möglich war, den kompletten Straßenbereich an der Berliner Straße abzuzäunen. Nach Anfrage bei der Unteren Umweltbehörde stand auch fest, dass es in diesem Jahr keine Möglichkeit geben wird, neues Material zu erhalten, da das Materiallager leer ist. Zudem soll es dem BUND nach Aussage von Herrn P. als Verein erst nächstes Jahr wieder möglich sein, über die Verbandsebene neues Amphibienschutz-Material beantragen zu können. Und erst nachdem das geschehen ist, könnten wir unser Equipment mit dem neuen Material ergänzen. Hilft uns in diesem Jahr nicht weiter. Aufgrund der Problemlage galt es, sich wegen des unmittelbar bevorstehenden und teilweise schon erfolgten Wanderstartes zeitnah eine alternative Lösung einfallen zu lassen.

Sturmtiefs wirbeln Zeitplan durcheinander
Aus diesem Grund treffe ich mich erneut mit Didi an der Brücke der Berliner Straße im LSG Pluto V. In den letzten Tagen hat es sich von den Temperaturen her wieder deutlich abgekühlt, weshalb die Amphibienzahlen am Zaun aktuell wieder stagnieren. Dennoch soll heute endlich das Zaun-Provisorium errichtet werden. Nachdem sich in den vergangenen Wochen wiederholt irgendwelche Sturmtiefs über NRW ausgetobt haben, soll es an diesem Wochenende zwar auch nicht wirklich windstill bleiben, doch die angegebenen Windgeschwindigkeiten von 45-60 km/h sind kein Grund, sich erneut von diesem Vorhaben abhalten zu lassen. Neben dem Aufbau des provisorischen Zauns steht ein weiteres Tagesziel auf unserer heutigen Aufgabenliste, das sich aufgrund einiger Beobachtungen der letzten Tage ergeben hat, und zwar sollen Löcher in die Böden der Fangeimer gemacht werden.
1.) Modifizierung der Fangeimer
Deshalb beginnen wir direkt an der L639-Brücke damit, die Löcher in die Eimer zu bohren. Aufgrund der kühlen Nachttemperatur um den Gefrierpunkt herum hatten wir heute Morgen auf die morgendliche Eimerkontrolle verzichtet, da mit wandernden Amphibien erfahrungsgemäß nicht zu rechnen war. Beim Ausleeren der Eimer zeigt sich, warum die geplante Maßnahme zwingend erforderlich ist. Die Eimer sind gut mit Regenwasser gefüllt. Schon in der Vergangenheit fiel des Öfteren auf, dass der Füllstand in den Fangeimer vor allem nach stärkeren Regennächten bedenklich angestiegen war. Diese Erkenntnis ist für Amphibien eigentlich irrelevant, bringt für andere Tiere dennoch einige Risiken mit sich.
a) zum Schutz von Regenwürmern & Insekten
Denn mit dem Regen kommen auch vermehrt Regenwürmer an die Oberfläche, da ihre unterirdischen Gänge mit Wasser zulaufen. An der Oberfläche angekommen, kriechen die Würmer entlang des umgeschlagenen Kunststoffzauns und landen zwangsläufig in einen der Fangeimer. An manchen Tagen mit nächtlichem Starkregen lassen sich morgens bei der Kontrolle bis zu einer Handvoll Regenwürmer aus den Eimern kippen. Löcher im Eimerboden, die ein Ablaufen ermöglichen, könnte ein probates Mittel sein, um hierbei Abhilfe schaffen.

Bodenbeschaffenheit als Ausrede
Bisher hatten wir auf diese Maßnahme zur Risikominimierung verzichtet, da der Untergrund auf der Böschungskante am Standort des Zauns aus verdichtetem Schotter besteht, der das Regenwasser nur bedingt abfließen lässt. Die Bodenproblematik besteht deshalb, weil die Böschung im Rahmen der Straßenbaumaßnahme (L639) künstlich angelegt wurde. Die gestiegene Anzahl an Regenwürmern veranlasste uns aber jetzt trotz bekannter Problematik die Lösung mit den Löchern als Ablaufhilfe auszuprobieren. Beim Durchlöchern der Eimerböden ist unbedingt darauf zu achten, dass der Lochdurchmesser nicht zu groß gewählt wird, da die schmalen Molche sonst entwischen könnten. Der Bohrer mit der Stärke 8 erscheint uns hierfür ideal zu sein.

b) Zum Schutz von Mäuse
Neben den Ablauflöchern haben wir die Eimer zusätzlich mit abgesägten Baumkeilen aus dem Birkenhain bestückt, die ich am Tag zuvor bei meiner Laufrunde durch das LSG Pluto V entdeckt hatte, denn es landen nicht nur Insekten und Würmer unbeabsichtigt in den Eimern. Es kommt auch vor, dass sich Mäuse darin verirren. Die Holzkeile sollen helfen Spitz- und Wühlmäuse, die bisher als „Beifang“ im Eimer beobachtet wurden, vor allem wenn es mal wirklich stark regnen sollte, vor dem Ertrinken zu bewahren. Glücklicherweise sind solche Starkregenereignisse eher selten, aber die letzten Tage haben gezeigt, dass sie durchaus vorkommen. Sonntag war einer dieser Tage an dem im Tagesverlauf nach dem Online-Wetterdienst Wetter.com stolze 38 Liter zusammengekommen sein sollen.

Die Gefahr von oben – Sintflutartiger Starkregen
Am Morgen nach dieser regenreichen Nacht hatte Didi bei der Zaunkontrolle die traurige Beobachtung machen müssen, dass sich gleich 2 Spitzmäuse und eine Wühlmaus, „die mit dem kürzeren Schwanz“, tot in den Eimern befunden hatten. Was für uns ein Grund war, auch für dieses Problem zeitnah eine Lösung herbeizuführen. Da es an dem Tag gleichzeitig auch recht kühl war, lässt sich drüber diskutieren, ob die Nager im Eimer aufgrund des Wassers ertrunken sind oder weil sie unterkühlt und verhungert waren. Denkbar wäre auch die Erklärung einer erhöhten Stoffwechselrate aufgrund des akuten Stresses, möglicherweise Herzversagen aufgrund des plötzlichen Sturzes in das kalte Wasser.
Die Lösung – ein dreistufiger Notfallplan
Bisher hatten wir lediglich Stöcke als Kletterhilfen in die Eimer gelegt. Da sich in den Eimern mit den Totfunden die Stöcke befunden hatten, würde das die Vermutung des Ertrinkens eigentlich entkräften. Da wir aber weder das eine noch das andere wirklich auszuschließen können, versuchen wir das Risiko mit verschiedenen Lösungsansätzen zu minimieren. Heißt also zur Risikominimierung des Ertrinkens machen wir (1.) Ablauflöcher in die Eimerböden, (2.) bieten Kletterhilfen in Form von Stöcken für Mäuse an und (3.) packen in die Eimer als Backup schwimmende Rettungsinseln aus Holz, wenn der Wasserstand aufgrund der Bodenproblematik des Standortes doch übermäßig ansteigen sollte.

Bodenanker enttarnt sich als ideales Werkzeug
Das Bohren der Bodenlöcher an sich wäre eigentlich eine recht entspannte Aufgabe, da ich aber den Akku vorher nicht am Netzteil angeschlossen hatte, kommen wir nur bis Eimer 12, die restlichen 13 Eimer müssen vorerst warten. Zum Glück fällt mir relativ zeitnah ein, dass wir auch die Bodenanker zum Löchern der Plastikeimer verwenden könnten. Die Bodenanker für den Zaunbau haben eine massive Spitze und weisen einen vergleichbar großen Stangendurchmesser auf. Im Nachhinein haben sich die Bodenanker als ideales Werkzeug erwiesen, um die Löcher in den Eimerboden zu bekommen. Den Akkubohrer hätte es heute nicht wirklich gebraucht. Naja, Versuch macht „kluch“…

2.) Aufbau Provisorium – was lange währt, wird…
Die gewebeverstärkte PVC-Plane hat etwa eine Größe von 2m x 5 m, was bedeuten würde, dass wenn wir sie in 4 längliche Streifen zerschneiden würden, wir 4 Zaunelemente mit einer Höhe von 50 cm und einer Länge von 5 Metern hätten, was einen zusätzlich abgezäunten Bereich von rund 20 Metern der insgesamt noch fehlenden 30 Meter bedeutet. Und aufgrund des Fehlens von weiterem geeigneten Material müssten die hintern zehn Meter ungesichert bleiben. Aber die letzten Jahre hatten sowieso gezeigt, dass der hintere Bereich eher geringer von Amphibien frequentiert wird, von daher ist diese Entscheidung vertretbar.

Nicht lange schnacken, machen!
Nach den ganzen theoretischen Überlegungen wurde praktisch. Zunächst haben wir die Plane akkurat in etwa so wie beim Zusammenlegen eines Bettlakens zusammengefaltet und dann entlang der Kanten mit der Schere geschnitten. Blöderweise befinden sich danach nicht an allen zugeschnittenen Stücken der Plane auch Ösen und erst recht nicht an den richtigen Stelle, um sie an Bodenankern zu befestigen. Aber mit ein wenig Improvisationstalent gelingt es uns, auch mit den vorhandenen Mitteln eine vertretbare Lösung zu finden. Der Aufbau des Provisoriums ähnelt grundsätzlich dem Aufbau des Originalzauns. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass der Zaun keine Spannleine hat, um ihn abschließend in Position zu bringen, aber durch mit Hilfe von Steinen und Stöcken lässt sich schließlich auch dieses Problemchen lösen.

Tagesfazit:
Wir konnten heute in gut 3 weiteren Stunden und mit unseren beschränkten materiellen Möglichkeiten rund 20 Meter der Böschungskante absichern. Der Zaun reicht bis hinter den Eingang in den Landschaftspark Pluto V. Die restlichen 10 Meter, die jetzt noch immer fehlen, um die Stelle auf der Böschungskante zu erreichen, bis zu der wir den Zaun in den Vorjahren aufgebaut hatten, sind und bleiben offen. „Mut zur Lücke“ wie Didi es nennt!

Unsere Erfahrungswerte der zurückliegenden Jahre haben aber auch gezeigt, dass im hinteren Bereich des Zauns die Anzahl an gefundenen Exemplaren deutlich abnimmt. Während der Zaunabschnitt mit der höchsten Amphibiendicht in unmittelbarer Nähe zur Eisenbahnbrücke über die L639 liegt. Die Aufschüttung aus weicher Erde links und rechts direkt an der Brücke sowie ein mit groben Steinen geschotterter Gleisbett sowie der obere Schienendamm scheinen ideale Winterquartiere für die Amphibien zu sein.
