Bloß eine Frage der Zeit bis die ersten Fischdiebe ins Netz gehen. Fischwilderei ist keine reine Männerdomäne. Ob nach den Festnahmen im LSG Röhlinghausen wieder Ruhe einkehrt? Wohl eher nicht!
11. August 2020
Fast zwei Wochen sind seit der letzten Bereichsbegehung mit annähernd erwähnungswürdigen Beobachtungen vergangen. In der Zwischenzeit hatte ich beim Durchlaufen des LSG, was vorzugweise am Wochenende und in den Morgenstunden erfolgt war, aus dem Areal mehr als einmal (1-2) ein freudiges Hundebellen und die Stimme einer Hundetrainerin vernommen, die nach meinem Kenntnisstand für die Durchführung von Schulungen und Workshops, die an dem Ort auch schon früher stattgefunden haben, eine städtische Duldung hat. Aufgrund dieser akustischen Wahrnehmungen hatte ich es für nicht notwendig erachtet, den Bereich selbst noch aufzusuchen, um nach dem Rechten zu sehen, denn es war davon auszugehen, dass die Wildangler wohl eher nicht in Anwesenheit fremder Personen angeln würden.

Während ich am 26.07.2020 noch überrascht verkündet hatte, dass das Zugangstor zum umfriedeten Bereich der Technischen Anlage mit neuem Schloss und stabiler Kette gesichert war, so ist das Schloss samt der Kette irgendwann im Zeitraum der letzten zwei Wochen auch schon wieder verschwunden. Nach Betreten des Bereichs fällt sofort auf, dass der Bereich weiterhin stark vermüllt ist, angelnde Personen sind dahingegen keine anzutreffen, doch das Wildangler-Problem scheint weiterhin akut zu sein.
27. August 2020
Nachdem es in den letzten 2-3 Wochen relativ ruhig geblieben ist, zumindest was die beobachteten Wildangler-Aktivitäten im LSG Röhlinghausen betrifft, was sicherlich auch daran gelegen haben wird, dass mich meine Laufrunden eher selten durch das LSG geführt haben, musste ich nach Betreten des Uferbereiches wenig überrascht feststellen, dass sich an der prekären Vermüllungssituation noch immer nichts geändert hat.

Der Verschmutzungsgrad hat gefühlt noch einmal zugenommen, was wohl auch damit zusammenhängt, dass seit dem 13.07.2020 niemand mehr vor Ort dafür gesorgt hat, dass zumindest der grobe Abfall eingesammelt wurde. Der hohen Anzahl an aufgefundenen Bierflaschen nach zu urteilen, ist hier in den letzten zwei Wochen entgegen meiner bisherigen Annahme wohl doch regelmäßiger geangelt worden.

Frische Feuerstellen befinden sich sowohl unten am Ufer als auch oben im Bereich des Hochspannungsmastes und seit neustem liegt sogar ein mit Leder überzogener Küchenstuhl im Bereich des Gewässerufers. Aufgrund der zunehmenden Vermüllung des ansonsten naturnahen Bereiches und vor allem weil Verpackungsmüll zunehmend ins Gewässer geweht wurde, hatte ich mich mit Didi dazu entschlossen, den Bereich am nächsten Tag zum widerholten Male oberflächlich vom Müll zu befreien. Neben dem Aufräumen erhofften wir uns insgeheim aber auch in den Morgenstunden vielleicht Angler in flagranti bei ihren illegalen Aktivitäten erwischen zu können.

28. August 2020
Plogging am Morgen startet mit einer Überraschung
Als ich das LSG gegen 8.30 Uhr über die Hüller-Bach-Brücke erreiche, kann ich Didi schon aus der Ferne erkennen. Doch warum er sich wieder von den beiden Auffangbecken wegbewegt und wer die Person ist, mit der er sich unterhält, erklärt sich mir zunächst nicht. Bei der morgendlichen Gesprächsrunde angekommen, höre ich heraus, dass Didi den Hundebesitzer wohl nach einem Handy gefragt hatte. Woraufhin dieser ihm die Nutzung seines Handy anbietet, aber gleichzeitig zu verstehen gibt, dass er eigentlich keine Zeit hat, da er vor der Arbeit nur kurz mit dem Hund eine Runde gehen musste, weshalb Didi dankend ablehnt und sich mir zuwendet. Aufgeregt erzählt er mir sodann, dass er zwei schwerbepackte Personen gesehen hätte, die den Bereich an den Auffangbecken betreten haben und sich im Uferbereich aufhalten würden. Allerdings ist er sich nicht zu 100% sicher, ob es sich um Wildangler handelt.
Die Beweise sind erdrückend und eindeutig!
Da auch ich kein Handy dabei hatte, geht Didi unmittelbar zum Tierheim, um dort die Möglichkeiten abzuchecken, ob die Polizeiwache in Wanne von dort aus informiert werden kann. Ein nutzbares Telefon ist umgehend gefunden. Während Didi die Telefonsituation abklärt, versuche ich mich vorsichtig dem Ufer zu nähern, um mittels Kamera in Erfahrung zu bringen, was die Personen am Gewässer tun. Denn es wäre grundsätzlich auch denkbar gewesen, dass die Personen lediglich am Ufer des Gewässers picknicken oder sich aus anderen erklärbaren Gründen dort aufhalten, ohne dass sie illegalen Angelaktivitäten nachgehen. Nachdem auf den Fotos aber eindeutig zu erkennen war, dass es sich zweifelsfrei um Wildangler handelt, was an den am Ufer liegenden Angeln zuerkennen war, gebe ich Didi das Signal, die Wache in Wanne zu informieren.

Während wir auf die Polizei warteten, behielten wir die Situation aus der Ferne weiter im Blick. Mit Hilfe des Zooms der Kamera war im Uferbereich eindeutig eine blonde weibliche Person zu erkennen, die gerade dabei war, mit Futterteig einen Futterplatz einzurichten. Mit dem Anlegen eines Futterplatzes versucht man Fische an die Stelle des Gewässers zu locken, die man dann mit Hilfe seiner Angel beangelt. Das Füttern von Fischen stellt zwar noch keine Straftat dar, da allerdings die Angelruten fangbereit am Ufer positioniert waren, konnte davon ausgegangen werden, dass die strafbare Handlung des Wildfischens unmittelbar bevorsteht. Wobei im Grunde nicht erst das Auswerfen der Angeln den Straftatbestand der Fischwilderei darstellt, sondern schon das alleinige Mitführen fangbereiter Angeln als Angeln ohne Erlaubnis zu bewerten und strafrechtlich relevant ist.

Nachdem der Streifenwagen nach knapp 15 Minuten über die Hofstraße in den Lerchenweg einbiegt, hatte das Warten ein Ende und wir konnten die Beamten mit Hilfe der gemachten Bilder über die Situation und die Örtlichkeit informieren. Zudem konnten wir sie davon überzeugen, den Streifenwagen vor der Auffahrrampe zu parken und das LSG zu Fuß zu begehen. Denn in keinemfall sollte sich die Schmach vom 05. Juli 2020 wiederholen. Da der offizielle Weg der Beamten unweigerlich durch das freie Blickfeld der Wildfischer führt, war kurzzeitig zu befürchten, dass die Beamten von den Anglern zu früh erkannt werden könnten und zu fliehen versuchen. Doch die Angler sind in der frühen Phase des Angelns zu sehr mit sich selbst beschäftigt und schöpfen keinen Verdacht.

Nicht nur bei ARD & ZDF, sondern auch mit 60-fachem Zoom…
Währenddessen die polizeiliche Maßnahme anlief, hatte ich mich mit Didi auf der anderen Seite der Hofstraße in unmittelbarer Nähe zu den Zugangssperren vor der kleinen Berghalde positioniert. Dank des 60-Fach-Zooms der Kamera hatten wir die Szenerie und den weiteren Ablauf selbst aus dieser Entfernung noch gut im Blick. So konnten wir dann auch beobachten, wie nach einer guten halben Stunde die drei Beamten mit zwei schwerbepackten Personen aus dem Bereich der beiden Auffangbecken kamen. Während die offensichtlich überführten Fischdiebe vornewegliefen, folgten die Beamten mit minimalem Sicherheitsabstand. Die polizeiliche Maßnahme war mit dem Abführen allerdings noch nicht beendet, es folgte anschließend noch eine gründliche Wagenkontrolle, die sogar einen intensiven Blick unter die Motorhaube beinhaltete.
Gefühlschaos – unschuldig, schuldig oder selbst in Schuld?!
Rückblickend muss ich gestehen, dass die Gefühle, die in mir während der polizeilichen Maßnahme und in den Momenten, als mir nach und nach bewusst wurde, dass letztendlich wir für die Festnahme und die möglicherweise weitreichenden Konsequenzen für die Wildangler verantwortlich sind, hochkamen, mindestens ambivalent waren. Auf der einen Seite habe ich mich ein bisschen als Denunziant, als Verräter gefühlt, der mit seiner Verpetzerei Andere tief in die Scheiße geritten hat, auf der anderen Seite als Ultra-Ökoaktivist, als heldenhafter Naturschützer, der in der Situation pflichtbewusst gehandelt hat, wobei das Gefühl das Richtige im Sinne des Naturschutzes getan zu haben, am Ende dann doch überwogen hat.