Beobachtung aus der Landschaft – Holzverschläge und Tipis sprießen aus dem Waldboden

Corona-Trend 2020: „Wir bauen uns ein Tipi im Wald“

Zankapfel Stadtnatur – ist das überhaupt erlaubt?!

Beim regelmäßigen Durchlaufen der heimatlichen Landschaft rund um die Erzbahntrasse trifft man in letzter Zeit immer häufiger auf sogenannte „Holztipis“, die so wie es aussieht, von Kindern aus den auf dem Waldboden herumliegenden Ästen erbaut wurden. Dieser Trend ist mir zuvor entweder nur nicht aufgefallen oder die CORONA-Zeit hat dazu geführt, dass Kindergruppen (Kindergarten, Grundschule, OGS, etc.) vermehrt die örtliche Natur aufsuchen, um so der keimverseuchten Enge der Einrichtungsräume zu entfliehen.

Das Bild zeigt eine von insgesamt 4 Buden aus „Budenhausen“ in Bochum-Hordel. Die Kinder haben sich augenscheinlich viel Mühe gegeben und bitten den Waldbesucher auf einem Infoschild, die Bude nicht zu zerstören.

Im Rahmen einer frühkindlichen Auseinandersetzung mit Natur und Umwelt ist diese pädagogische Maßnahme sicherlich zu begrüßen. Dem pädagogischen Mehrwert gegenüber steht allerdings der Naturschutz und die offiziellen Beschilderungen, die in jedem Landschafts- und Naturschutzgebiet zu finden sind, sprechen eine deutliche Sprache dahingehend, dass in diesen Gebieten ein Verlassen der öffentlichen Wege zum Schutz von Flora und Fauna zu unterlassen ist.

Naturerziehung vs. Natur- und Umweltschutz

Die zunächst neutrale Beobachtung von Holztipis in der Natur lässt sich wie so oft aus verschiedenen Perspektiven betrachten und dementsprechend auch bewerten, wobei das Ergebnis der Bewertung vom jeweils eingenommenen Standort abhängt und gegensätzlich ausfallen kann.

Natur- und Umweltpädagogik – Natur als Lernkulisse für Kinder bei der Entwicklung eines individuellen Bewusstseins für Natur

Die durchgeführten Naturexpeditionen verfolgen grundsätzlich das lobenswerte Ziel, die stadtnahe Natur auch für Stadtkinder erfahrbar zu machen. Die Natur zu entdecken, zu erleben und bestenfalls auch ökologische Zusammenhänge zu begreifen, stellt ein hohes Gut für zukünftiges Leben und den respektvollen Umgang mit der der Natur dar. Nur was man kennt, kann man auch schützen oder um es in den Worte des Arztes, Zoologen, Verhaltensforscher und Nobelpreisträgers für Medizin Konrad Zacharias Lorenz (1903-1989) auszudrücken: „Man liebt nur was man kennt, und man schützt nur was man liebt.“ Vor diesem Hintergrund und aus pädagogischer Sicht wäre das Betreten des Waldes auch fernab der offiziellen Wege wohl zu tolerieren. Schließlich sind die Kinder der Schlüssel und der Grundstein zu einem zukünftig besseren Umgang mit der Natur, weshalb eine frühkindliche Umwelterziehung, die Respekt und Liebe zur Natur vermittelt, grundsätzlich gutzuheißen ist. Denn eins ist klar, der Wald und die Natur im Allgemeinen bieten eine anregende Lernumgebung für Groß und Klein.

„Man liebt nur was man kennt, und man schützt nur was man liebt.“

Entdeckungen von Tieren, Pflanzen, Tannenzapfen, Buchecker, Kastanien, Eicheln, Beeren, Bärlauch, Nüsse, Vogelfedern, totes Lebewesen oder Überreste, Nester, ein Eichhörnchen, Vogelstimmen oder vielleicht sogar ein Mäusebussard lassen sich nun Mal nur draußen in der Natur machen und auch die stadtnahe Natur bietet hierfür allerhand Erlebnispotential. Logischerweise kann die Vermittlung von Naturerlebnissen, die auf die Förderung und Entwicklung eines verantwortungsvollen Naturbewusstseins abzielen, nur in einem Umfeld von Natur gelingen. Expeditionen in die (Stadt-) Natur sind deshalb als essentieller Bestandteil einer ganzheitlichen Umwelterziehung zu bewerten, da nur in der Natur ein Erleben von Natur mit allen Sinnen möglich ist.

Natur- und Umweltschutz – Naturräume in der Stadt als ungestörte Rückzugsorte für Flora und Fauna

Aus Sicht des Naturschutzes lassen sich Argumente aufführen, die vor allem mit der Störung von Flora und Fauna zusammen-hängen. Wenn man zudem bedenkt, dass wenig berührte Ruckzugsorte vor allem in dicht besiedelten Regionen, wie es für weite Teile des Ruhrgebiets zutrifft, eher selten sind und zukünftig immer seltener werden, dann bedürfen diese Orte einen besonderen Schutz, der ja schon heute durch den Schutzstatus als Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiet zum Ausdruck kommt.

Andererseits ließe sich hierbei auch in die Richtung argumentieren, dass diese Bereiche in den meisten Fällen sowieso schon über Trampelpfade begehbar sind und von Hundebesitzern stark frequentiert werden, was für diese Bereiche unabhängig von spielenden Kindern regelmäßige Störungen bedeutet. Möglicherweise sollten die verantwortlichen Behörden die Einhaltung bereits bestehender Regeln auch einfach nur regelmäßiger kontrollieren?!

Wetterschutz im Birkenhain Blumenkamp [BILD: Sommer 2021].

Mindestmaß an Anforderung für eine behördliche Erlaubnis

Voraussetzung für eine behördliche Duldung einer Begehung von Bereichen mit gesondertem Schutzstatus kann aus meiner Sicht nur ein verpflichtender sensibler Umgang und Rücksicht sein. Inwieweit Erzieher und Pädagogen soweit ausgebildet sind, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich anhand der Bauten natürlich nicht beurteilen. Möglicherweise müsste eine offizielle Duldung auch mit einem verpflichtenden Nachweis über themenspezifische Kenntnisse einhergehen, die im Rahmen von Fort- und Weiterbildungsangeboten zu erwerben sind und von potentiellen Betreuern nachzuweisen sind.

Gegenüberstellung potentieller Perspektiven nicht zielführend

Da ich bei dieser Thematik zwischen pädagogischer Perspektive und dem Naturschutzaspekt hin- und hergerissen war und auch noch immer bin, hatte ich mir erhofft, weiteren Input von meinem Ansprechpartner bei der Unteren Naturschutzbehörde zu bekommen, um mit Hilfe der behördlichen Perspektive für mich persönlich mehr Klarheit und eine differenzierte Antwort zu dieser Thematik zu bekommen. Aus dem Grund hatte ich meinem Ansprechpartner bei der Unteren Umweltbehörde zu dieser Thematik die folgende Email geschrieben.


Auszüge aus der EMAIL:

In letzter Zeit beobachte ich immer häufiger, dass die städtische Natur von Kindergruppen (Falken, Kindergarten, etc.) im Rahmen einer Umwelterziehung genutzt wird, was ja prinzipiell positiv zu bewerten ist. Aktuell scheint aber das Bauen von sogenannten Tipis voll im Trend zu sein und es gibt nicht ein Waldstück in der näheren Umgebung, wo sie nicht zu finden sind.

Gibt es eine offizielle Haltung/ Meinung der Stadt zu „Holz-Bauten, Verschlägen, Tipis“ auf städtischen Grünflächen?!

Ich würde gerne Deine Meinung dazu hören. Ist das eigentlich folgenlos, oder hat das irgendwelche negativen Einflüsse auf Flora/ Fauna?! Wie sieht die Behörde resp. das Gesetze diese Thematik?

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass wenn flächendeckend alte Äste zusammengesucht werden und auf einen Punkt konzentriert werden, dass sich das auf’s Habitat auswirkt?!

Hast Du zu der Thematik irgendwas Offizielles? (Vorschriften, Studien, Berichte, Artikel, etc.).


Aktueller Stand (05.09.2020)

Leider habe ich bis zum jetzigen Zeitpunkt (05.09.2020) noch keinerlei Rückmeldung erhalten. Sobald mir ein behördliche Rückmeldung vorliegt, werde ich die behördliche Sicht auf das Thema in einem weiteren Beitrag mitteilen, der zur gegebener Zeit verfasst werden wird.


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2 Gedanken zu „Beobachtung aus der Landschaft – Holzverschläge und Tipis sprießen aus dem Waldboden

  1. Pingback: Kurioses aus der Landschaft: Schnitzeljagd durch’s LSG Pluto V – Regenbogen-Ralley | Der Landschaftsmeldeläufer

  2. Pingback: Kunstinstallation im NSG Blumenkamp?! | Hans guck in die Natur

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