Bei einem Kollateralschaden durch Beifang in Höhe von 96 % sind Nutzen und Legalität einer Bremsenfalle mehr als indiskutabel!!!
Schon in einem früheren Beitrag im Blog hatte ich vom Einzug der Wissenschaft auf der Pferdekoppel berichtet. In dem Beitrag vom 01.07.2020 ging es um Pferdedecken im Zebradesign. Mit Hilfe des eigenwilligen Designs versuchen besorgte Pferdebesitzer ihre Tiere vor lästigen Attacken der Blutsauger, in dem Fall vor Bremsen (Tabanidae) zu bewahren. Die Taktik, die hinter dieser Maßnahme steckt, ist wissenschaftlich fundiert und kann als optische Vergrämung durch Tarnung zusammengefasst werden. Bedingt durch die Funktionsweise ihrer Facettenaugen kommen die blutsaugenden Insekten nicht mit dem unruhigen Schwarz-Weiß-Wechsel klar und können deshalb keinen sicheren Landeplatz auf dem Zielobjekt Pferdekörper ausmachen.

Mit allen Mitteln gegen die lästigen Bremsen (Tabanidae)
In dem heutigen Beitrag geht es ebenfalls um ein Utensil, das auf der Pferdekoppel zum Einsatz kommt und dort weidende Pferde vor Bremsenbissen schützen soll. Im Gegensatz zu den Zebra-Pferdedecken, die die Insekten durch Optische Täuschung lediglich vergrämen sollen, werden die Insekten mit der Bremsenfalle, so wie es der Name Falle impliziert, nicht nur vergrämt, sondern auch gefangen und getötet. Die Bauweise der Fallen ist relativ simple. Sie bestehen aus einer schwarzen Plastikkugel, die an einem Gestell hängt und sich aufgrund ihrer dunklen Farbe gut durch Sonnenstrahlung aufwärmt und dadurch Insekten anlockt. So gesehen simuliert die aufgewärmte Kugel einen wärmeabstrahlenden und durchbluteten Pferdekörper, den das Insekt anfliegt, um dort Blut saugen zu können. Die Fallenwirkung ergibt sich daraus, dass über der Kugel ein kegelförmiges Netz gespannt ist, welches das Insekt beim Versuch wegzufliegen nach oben in einen sich dort anschließenden Fangbehälter leitet. Inwieweit hierbei auch noch Duftstoffe wie Pheromone zum Einsatz kommen, kann ich nicht sagen. Eine solche Modifikation wäre aber durchaus plausibel.
Mit eigenen Augen gleich zweimal gesehen…
Schon bei den beiden zufälligen Inspektionen fiel auf, dass sich in den Fangbehältern diverse Insekten befunden hatten. Warum allerdings jemand Insekten auf einer Wiese in Bochum-Hordel fängt, war mir zu dem Zeitpunkt nicht bewusst. Es bedurfte erst einer Internet-Recherche, um herauszufinden, dass es sich bei den eigentümlichen Konstrukten in der Mitte der Pferdekoppel um eine Bremsenfalle handeln würde. Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich noch an irgendein Artenmonitoring zur Feststellung der Bestandsdichte von irgendwelchen Insekten gedacht. Mit dem Hintergrundwissen war mir nach dem zweiten Kontakt mit einer solchen Bremsenfalle allerdings auch schon klar, dass sich in den Fangbehältern zwar massenweise Insekten befunden hatten, es sich bei diesen Insekten aber keineswegs um Bremsen sondern um irgendwelche anderen Fluginsekten gehandelt hatte, was mich am Nutzen einer solchen Bremsenfalle erheblich zweifeln lassen hat.

Selektivität der Fangmethode Bremsenfalle nicht gegeben!
Eine neulich zufällig entdeckte Studie zu dieser Thematik bestätigt meine eigenen Beobachtungen: Das Problem der nicht gegebenen Selektivität von Bremsenfallen, aber auch deren Effektivität wurden in dieser im Rahmen einer Masterarbeit durchgeführten Studie untersucht. Dazu wurden in Ostwestfalen an zwei Standorten im Zeitraum von Mai bis Oktober 2017 insgesamt sechs Fallen einmal wöchentlich geleert und die Zusammensetzung des Fangs im Labor analysiert. Die gemachten Ergebnisse sind vor allem vor dem Hintergrund eines zunehmenden Verlustes an Biodiversität mehr als alarmierend.
Beifang von 96 % unterstreicht Nutzlosigkeit von Bremsenfallen?!
Im betrachteten Studienzeitraum von Mai bis Oktober wurden mit den sechs aufgestellten Fallen mehr als 53.000 Individuen aus verschiedenen Gruppen der Gliederfüßer (Arthropoda) gefangen, wovon 80-95 % zu den Dipteren (Zweiflügler) zu zählen waren. Der Anteil an Bremsen, die ja das eigentliche Zielinsekt der Fangmethode Bremsenfalle sein sollte, lag bei unter 4 %. Bedenklich ist auch die Erkenntnis, dass mit der Fangmethode Bremsenfalle keine einzige Pferdebremse (Tabanus sudeticus) gefangen werden konnte, was Fragen hinsichtlich der Effektivität aufwirft.

Im Sinne des Artenschutzes sind Bremsenfallen zu reglementieren: Nutzung ist zu regulieren & an sensiblen Orten zu verbieten!
Aufgrund der nicht gegebenen Selektivität und der Tatsache, dass es sich bei mehr als 96 % der gefangenen Insekten um Insekten anderer Artengruppen und darunter sogar um gesetzlich geschützte Insektenarten handelt, die gefangen und getötet werden, ist über eine gesetzliche Regulierung des Einsatzes von Bremsenfallen in Form einer Genehmigungspflicht im Sinne des Artenschutzes nicht nur nachzudenken sondern zeitnah umzusetzen. In Schutzgebieten und deren direktem Umfeld – also in Gebieten in denen ein besonders hohes Insektenaufkommen erwartbar ist, muss das Fallenstellen generell verboten werden. (vgl. JÄCKEL et al. (2020): „Bremsenfallen“ – ein überflüssiger Beitrag zum Insektensterben. Natur und Landschaft 95 (3): 129 – 135.)
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