Petri Heil, heißt es in Anglerkreisen, womit wir auch schon bei einem Thema dieses Beitrages sind. Darüber hinaus wartete Heute auf mich ein landschaftliches Novum, da ich beim Angeln am Rhein-Herne-Kanal war und die dortige Kanallandschaft eines kleinen Industriehafens aus der Perspektive eines Anglers beobachten konnte. Wie es zur spontanen Angelexpedition gekommen war, ist schnell erzählt.
Vor einigen Tagen hatte Didi nebenbei verlauten lassen, dass er in 2020 erst viermal zum Angeln am Kanal war und beabsichtigte, dies zeitnah ändern zu wollen. Für mich als Nichtangler hörte sich „viermal im Jahr“ jetzt nicht so wenig an, bedenkt man aber, dass Didi durch seine Vereinszugehörigkeit beim ASV Blitzkuhle eine ganzjährliche Berechtigung hat, um an den vereinsbetreuten Strecken des Rhein-Herne-Kanals kostenlos angeln zu können, dann sind die Viermal in elf Monaten in jedem Fall recht überschaubar.

Um am Rhein-Herne-Kanal an den legalen Angelgenuss zu gelangen, muss man nicht zwangsläufig Mitglied eines Herner Angelvereins sein. Alle anderen Interessierten können sich eine zeitlich begrenzte Berechtigung zum Kanalangeln mit Kauf einer 9,50 € teuren Tageserlaubniskarte erwerben. Voraussetzung für den Erwerb der Tageskarte ist allerdings der Besitz eines gültigen Angelscheins, der ausschließlich durch erfolgreiches Bestehen der jährlich von der Unteren Naturschutzbehörde durchgeführten und vom Landesfischereiverband NRW organisierten Sportfischereiprüfung erworben werden kann.
Auch wenn das langwierige Sitzangeln nicht unbedingt zu meinen favorisierten Hobbys zählt, ergab sich mir dadurch, dass Didi zum Angeln an den Kanal gehen wollte, eine gute Gelegenheit, mein in den letzten Wochen angehäuftes theoretisches Vorbereitungswissen auf die Fischereiprüfung, zu der ich mich zu meiner eigenen Überraschung im September angemeldet hatte, einem Praxistest unterziehen zu können. Zudem konnte ich dank Didis langjähriger Angelerfahrung und einen Blick in seinen Angelkoffer die eine oder andere Unklarheit hinsichtlich der Gerätekunde aus der Welt schaffen, wobei sich meine Fragen primär auf Grundsätzliches und Organisatorisches der Prüfung bezogen haben.
Der Rhein-Herne-Kanal – eine fischreiche Badewanne

Der Rhein-Herne-Kanal liegt weit im Norden von Herne und damit im Randbereich „meines Reviers“, dessen nördliche Grenze er bildet. Die rund 45 Kilometer lange künstliche Bundeswasserstraße verläuft von den Ruhrorter Häfen in Duisburg bis nach Henrichenburg bei Castrop-Rauxel, wo er in den Dortmund-Ems-Kanal mündet und damit eine Verbindung zwischen dem Rhein und dem deutschen Kanalnetz darstellt. Dank einer unbedenklichen Wasserqualität gilt der Rhein-Herne-Kanal nicht erst in den letzten Jahren als Badewanne des Ruhrgebiets. Das Fließgewässer weist eine Fahrrinnentiefe von 4-6 Meter auf und gilt als fischreich.
Neben Friedfischen wie Karpfen, Schleien, Brassen, Rotaugen und Rotfedern fühlen sich in dem Fließgewässer natürlich auch zahlreiche Raubfische wie Aale, Flussbarsche und Zander sehr wohl. Durch regelmäßigen Besatz der Vereine wird das natürliche Fischvorkommen ergänzt, so dass im Rhein-Herne-Kanal durchaus auch die Möglichkeit besteht, dass mit etwas Glück und Petrus Wohlwollen eine Regenbogenforellen an den Haken geht. Und wie sich heute im Laufe des Angeltages gezeigt hat, gibt es hier auch die invasiven Schwarzmundgrundeln.

Angel-Technik – simpel, aber durchaus fängig…
Der heutige Angelplatz befindet sich am Ende des Hafenbeckens des Hafens Grimberg direkt an der Erzbahntrasse und in unmittelbarer Nähe zur ZOOM-Erlebniswelt. Geangelt hatte Didi mit einer leichten Posenmontage, für mich unverständlich war die Tatsache, dass er obwohl drei Ruten erlaubt gewesen wären, lediglich mit einer Rute geangelt hat. Als Hakenköder kamen Maiskörner zum EInsatz. Darüber hinaus hatte er sich zum Anfüttern einen formbaren Futterteig bestehend aus Paniermehl, altem Brot und Nudeln zusammengemischt und mit etwas Wasser vermengt. Mit den aus dem Futterteig geformten Futterkugeln hatte er einen ufernahen Futterplatz eingerichtet. Das Ziel beim Anfüttern besteht darin, die Fische zu Beginn der Angelei an seinen Angelplatz zu locken, um diesen Bereich dann mit Köder und Haken zu beangeln und angelockte Fische zu fangen.

Wenn alles ideal läuft und Fische tatsächlich beißen, was ja immer mit einer erheblichen Unsicherheit verbunden ist, lassen sich mit dem leichten Gerät Weißfische wie Rotfeder, Rotauge oder auch Brassen fangen, die wie Didi sagt, hier im Gewässer vorkommen und die er in der Vergangenheit auch schon gefangen haben will. Sollte es nicht klappen, einen dieser Friedfische an die Rute zu bekommen, gibt sich Didi auch mit ein paar Grundeln für den Teich seines Schwagers zufrieden.
Obwohl es – nach den unnatürlich sommerlichen 20°C vor ein paar Tagen, heute Morgen erstmals richtig kalt gewesen ist – lässt es sich in der Sonne gut aushalten. Doch als nach gut zwei Stunden des passiven Zuguckens die Sonne allmählich hinter der Baumreihe verschwand, wurde es unmittelbar ziemlich frisch. Und da bis auf die beiden Grundeln, die bis zu dem Zeitpunkt gebissen hatten, irgendwie auch nichts mehr beißen wollte, war die untergehende Sonne mein Impuls, den Ausflug ans Wasser zu beenden. Didi blieb dahingegen weiterhin zuversichtlich und wollte unbedingt noch bis zum Einsetzen der Dunkelheit auf Grundeln weiter angeln.
Grundeln – die Moskitos des Kanalgrundes
Bei den Grundeln handelt es sich um eine invasive Art aus dem Schwarzmeer-Raum, die es über die Schifffahrtswege in viele europäische Gewässer geschafft hat, sich zunehmend ausgebreitet und sich hier mittlerweile auch etabliert hat. Invasive Arten, ob Pflanzen oder Tiere, haben grundsätzlich das Potential das natürliche Gleichgewicht in den heimischen Ökosystemen zu gefährden. Die Grundeln sind aber nicht nur eine Gefahr für die einheimische Fischwelt, aufgrund ihrer Massenvermehrung und der damit einhergehenden weiträumigen Ausbreitung sind sie zum Ärgernis vieler Petrijünger geworden, da sie das Angeln stören, in dem sie den Köder fressen, aber im Grunde nicht verwertbar sind.

Letztendlich profitieren die Grundeln so wie viel andere Fische auch von den besserwerdenden Wasserqualitäten und einer angestrebt hohen Durchlässigkeit vieler Gewässer. Da die Grundel als Laichräuber gilt und alles frisst, was ihr vor das Maul kommt, steht sie in direkter Konkurrenz zu den heimischen Fischarten. Um der Grundelinvasion zumindest in einigen Gewässerbereichen entgegenzuwirken, wurden in den letzten Jahren vermehrt heimische Quappen (Lota lota) angesiedelt, die allerdings erst eine bestimmte Größe erreicht haben müssen, um der Grundelpopulation entscheidend einheizen und sie dezimieren zu können. Auf dem Weg zur ausgewachsenen Quappe sind die kleinen Quappen allerdings dem Schicksal ausgesetzt, ebenfalls als Grundelfutter zu enden. Die eigentliche Plage mit den Grundeln resultiert nicht nur aus dem opportunen Fressverhalten, sondern ergibt sich vor allem aus ihrer massenhaften Vermehrung, die durch große Laichmengen und eine ausgeprägte Brutpflege, die dafür sorgt, dass sich viele Eier zu Grundeln weiterentwickeln können, erreicht wird.

Neben der Schwarzmund-Grundel (Neogobius melanostomus) gehören zu den in Deutschland vorkommenden invasiven Grundelarten auch die Kessler-Grundel (Neogobius kessleri) und die Marmorierte Grundel (Proterorhinus marmoratus). Inwieweit beim unbeabsichtigten Fang einer Grundel in NRW ein generelles Entnahmegebot besteht, kann ich nicht eindeutig beantworten. Zurücksetzen würde Didi eine gefangene Grundel aber niemals, so wie er sagt. Für gefangene Grundeln hat er einen anderen Verwendungszweck gefunden. Er setzt sie in den Teich seines Schwagers, wo sie als lebend Futter für Barsche Verwendung finden. Andere Angler haben die Grundel dahingegen als beständigen und fängigen Köderfisch entdeckt und lieben gelernt. Nur in seltenen Fällen enden die Grundeln als Knusper-Grundel im Kochtopf und werden verspeist.
Für unerfahrene Angler kann es bei den Grundeln einem weiteren Problem kommen und zwar besteht mit der heimischen Mühlkoppe durchaus eine Verwechslungsgefahr. Was insofern besonders problematisch wiegt, da die Koppe zu den 18 Fischarten in NRW zählt, die aufgrund ihrer seltenen Verbreitung in NRW derzeit ganzjährig geschützt ist und nicht entnommen werden darf (vgl. NRW LFischVO). Trotz der Ähnlichkeit gibt es ein eindeutiges Erkennungsmerkmal, auf das man unbedingt bei Fangerfolg achten sollte, um die Grundel eindeutig von der Mühlkoppe unterscheiden zu können. Schaut man sich die Grundel von unten an, erkennt man an ihrem vorderen Bauchteil den kleinen aber wesentlichen Unterschied. Denn dort befindet sich eine kleine saugnapfähnliche Flosse, die eine Koppe nicht besitzt.
Fazit – Abschlussresümee
Mit Ausnahme des Dieselgestanks eines startenden Schiffes reicht das Naturerlebnis beim Angeln auch am Kanal von Entspannung bis Spannung. Die zahlreichen Naturbegegnungen haben das Warten auf den nächsten Fisch kurzweiliger werden lassen. Positiv überrascht war ich auch über die Häufigkeit der Naturbeobachtungen, die sich mir in den zwei Stunden trotz der industriellen Kulisse eines Hafens geboten wurden. Vom Graureiher über Blesshühner, Möwen, einer V-Formation von Graugänsen und den beiden gefangenen Schwarzmundgrundeln war aus der Faunenwelt einiges zu zugegen. Besonders gefreut hat mich im Laufe des Tages am Rhein-Herne-Kanal aber die Begegnung mit einem alten Bekannten, den ich zuletzt im LSG Röhlinghausen beobachten konnte. Das unverwechselbare Blau des Eisvogels (Alcedo atthis), der gleich zweimal akrobatisch knapp über die Wasseroberfläche verflog und vermutlich Insekten gejagt hat.
Sollte ich in zwei Wochen die Prüfung zum Sportfischereischein erfolgreich absolviert haben, wären die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, um mir eine Tagesberechtigung zum legalen Angeln am Kanal zu erwerben, was aufgrund der heute gemachten Erfahrungen durchaus realistisch scheint, obwohl ich den Fischereischein bisher eigentlich nur aus reinem Eigeninteresse am Themengebiet gemacht haben wollte.
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