News aus dem Schilderwald vom 21.01.2021
Neue Beschilderung für das Feuchtbiotop im NSG Blumenkamp an der Günnigfelder Straße in Bochum Hordel/ Günnigfeld. Zur gleichen Zeit herrscht in allen drei Feuchtbiotopen absolute Trockenheit. Ist das diesjährige Laichgeschäft der Amphibien in Gefahr? Gibt es einen direkten Zusammenhang zu den Baumaßnamen im Umfeld des Hüller Bachs? Verpflichtet der neuerliche Schutzstatus des Gebietes die Behörden zum schnellen Eingreifen?
Der Wandel vom Naturschutzgebiet zum geschützten Landschaftsbestandteil ein möglicher Grund für die behördliche Intervention?!
Auf der gestrigen Runde durch die heimatliche Landschaft zog ein bisher noch nicht beobachtetes Hinweisschild meine Aufmerksamkeit auf sich – inwieweit sich das dreieckige Schild in seiner Bedeutung von den beiden standardmäßigen Schildern unterscheidet, konnte ich mir zunächst nicht erklären, weshalb ich am heimischen Computer Dr. Google zu Rate ziehen musste. Wie die beiden bekannteren Schilder – das für ein Landschaftsschutz- (LSG) und dem Naturschutz-Gebiet (NSG) ist das Schild Geschützter Landschaftsteil ein weiteres Hinweisschild, das einen naturnahen Bereich als besonders schützenswert deklariert, was immer das letztendlich für das ausgewiesene Areal hinsichtlich zutreffender Schutzmaßnahmen oder Eingriffe durch die Behörden bedeutet.

Im Internet findet sich zum geschützten Landschaftsteil (gLB):
“ Ein geschützter Landschaftsbestandteil (gLB) ist in Deutschland ein nach § 29 Bundesnaturschutzgesetz rechtsverbindlich festgesetzter Teil von Natur und Landschaft, deren besonderer Schutz
- zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts,
- zur Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- oder Landschaftsbildes,
- zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder
- wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten
erforderlich ist. „
These 1: Vage Vermutung trotz fehlender Tiefbau-Expertise
Da ich über keinerlei Expertise weder im Bereich des Tiefbaus noch im Bereich der Abwasser-Kanalisierung komplexer Fließgewässer verfüge, bleiben es lediglich Spekulationen, ob und inwieweit die aktuell stattfindenden Baumaßnahmen im Rahmen der Renaturierung des Hüller Bachs durch eine notwendige Grundwasserabsenkung direkten Einfluss auf die aktuell prekäre Wassersituation der drei Feuchtbiotope im NSG Blumenkamp haben könnte. Wenn die Baumaßnahmen allerdings der Hauptgrund für die aktuelle Austrocknung sind, müssten die Behörden aufgrund des Schutzstatus des Gebietes und der damit einhergehenden Pflicht zur Abwehr schädlicher Einwirkungen zeitnah aktiv werden, vor allem vor dem Hintergrund der bevorstehenden Laichzeit der seltenen Amphibien, die in den dortigen drei Feuchtbiotopen vorkommen.

These 2: Aktuelle Trockenheit als Resultat der fortschreitenden Klimakrise
Als eine weitere theoretisch-denkbare Ursache für die aktuelle Wasserarmut im NSG Blumenkamp, falls hierfür nicht die vermutete Grundwassersenkung verantwortlich gemacht werden kann, wären die zurückliegenden niederschlagarmen Jahre zu nennen. Allerdings macht es auf mich eher den Anschein, als seien ausschließlich Feuchtbiotope im unmittelbaren Umfeld zum Hüller Bach und den dortigen Baumaßnahmen von der aktuellen Situation betroffen, was für mich persönlich die Hypothese der Grundwasserabsenkung als hauptsächliche Ursache für den akuten Wassermangel am wahrscheinlichsten erscheinen lässt.
Vieles spricht für direkten Zusammenhang zu Baumaßnahmen
Denn neben den Feuchtbiotopen im NSG Blumenkamp, betrifft dieser dramatische Zustand auch die beiden Hochwasserauffangbecken im LSG Röhlinghausen, und auch in unmittelbarer Nachbarschaft dieser beiden Feuchtbiotope im LSG an der Hofstraße finden mit dem Bau des neuen Pumpwerkes massive Baumaßnahmen statt, die vermutlich mit einer Absenkung des Grundwassers einhergehen. Im Gegensatz dazu verfügen die beiden Feuchtbiotope im LSG Pluto aufgrund der größeren Entfernung zu Baustellen nach den jahreszeitlich bedingten Dürremonaten Ende Dezember schon wieder über einen normalen Füllstand.

Diskrepanz zwischen Theorie und Wirklichkeit
Dem besonderen Schutzstatus des Gebietes stehen ganz offensichtlich die aktuellen Baumaßnahmen am Hüller Bach gegenüber, die aufgrund der notwendigen Grundwasserabsenkung dazu geführt haben, dass das große Feuchtbiotop, vor dem das Hinweisschild steht, seit Wochen komplett trocken liegt. Zwar hat das Feuchtgebiet auch in den letzten Jahren immer mal wieder für einen begrenzten Zeitraum – primär in den Sommermonaten teilweise auch bis weit in den Winter hinein trockengelegen, da es sich bei dem Gebiet aber um den tiefsten Punkt im Bochumer Stadtgebiet handelt, hätte man erwarten dürfen, dass spätestens nach ergiebigeren Regenphase zumindest vereinzelte Wasserlachen in dem Bereich zu beobachten sind. Doch die Realität hat leider anders ausgesehen. Trotz einiger Phasen mit erhöhtem Niederschlagaufkommen liegt das gesamt Gebiet trocken, was die Vermutung untermauert, dass dieser Zustand im direkten Zusammenhang zu den Baumaßnahmen im Rahmen der Renaturierung des Hüller Bachs steht respektive stehen könnte.

Anhaltende Austrocknung der Feuchtbiotope im Blumenkamp wohl doch nicht das Ergebnis „natürlicher Prozesse“?!
Nach Informationen aus erster Hand konnte ich, entgegen der im WAZ-Artikel formulierten Absicht, nicht in die natürlichen Prozesse der saisonalen Austrocknung eingreifen zu wollen, mittlerweile in Erfahrung bringen, dass jetzt doch zumindest das kleinere Feuchtbiotop, in dem in der Vergangenheit sowohl Geburtshelferkröten als auch Kammmolche nachgewiesen werden konnten, während der für die Laichzeit relevanten Monate also spätestens ab Mitte Februar durch die Emschergenossenschaft mit Wasser aufgefüllt werden soll. Inwieweit sich dieser prekäre Umstand auf die diesjährigen Laichaktivitäten und damit auf die Populationsentwicklung der zum Teil seltenen Amphibien auswirken wird, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen. Feststeht aber, dass sie für die sowieso schon angespannte Situation als eher suboptimal zu bewerten sind.
Rechtzeitige Einsicht der verantwortlichen Behörde – besser spät als nie!
Fakt ist in jedem Fall auch, dass die Unter Naturschutzbehörde der Stadt Bochum von Anfang an über die anhaltende Dürresituation in Kenntnis gesetzt wurde und in einem WAZ-Beitrag (vom 25.09.2020) noch mehr als deutlich zu verstehen gegeben hat, dass sie kein Handelsbedarf sehen würde, um in die natürlichen Prozesse des Gewässerbiotops, zu denen unter anderem auch die saisonale Austrocknung der Feuchtbereiche zu zählen ist, einzugreifen wollte. Glücklicherweise hat man das zuvor kommunizierte Vorgehen noch einmal überdacht, revidiert und zum Schutz der seltenen Amphibienarten angepasst.

Der hoffnungsvoller Blick in die Zukunft lässt die aktuelle Problemlage eher tolerierbar werden
Hinsichtlich der Baumaßnahmen zur Renaturierung des Hüller Bachs und Kanalisierung des Schmutzwassers bleibt zu hoffen, dass die Arbeiten so schnell wie möglich erfolgreich abgeschlossen werden, damit sich der Grundwasserspiegel wieder normalisieren kann, und sich die prekäre Oberflächenwassersituation in den Fechtbiotope im Blumenkamp entspannt. Und auch wenn das voraussichtliche Datum für den Abschluss dieses Jahrhundertprojektes erst mit Ende 2021 angegeben wird, sind die aktuellen Probleme im Vergleich zu den sich bietenden Chancen in jedem Fall auch aus Sicht des Naturschutzes zu vernachlässigen. Denn spätestens Ende 2021 wird ein vom Schmutzwasser befreiter Hüller Bach durch die Landschaft fließen und Flora und Fauna gänzliche neue Habitate schaffen, die dann nicht nur den seltenen Arten aus dem Blumenkamp zu Gute kommen werden, sondern vielen anderen Lebewesen eine zu besiedelnde ökologische Nische sein werden.
QUELLEN & WEITERE INFORMATIONEN
https://www.bfn.de/themen/gebietsschutz-grossschutzgebiete/geschuetzte-landschaftsbestandteile.html
https://www.lanuv.nrw.de/natur/schutzgebiete
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