Kurz vor dem Jahreswechsel 2020 hatte ich beim Durchlaufen vom LSG Röhlinghausen auf dem Weg zur Erzbahntrasse aus Richtung Pferdekoppel und Bahndamm lautes Motorsägengetöse wahrgenommen. Da dieser Teil meines Laufgebiets aufgrund der anhaltenden Bauarbeiten, die im Zuge der Renaturierung des Hüller Bachs aktuell an diversen Orten im Stadtgebiet durchgeführt werden, und bedingt durch die Sperrung der Fußgängerbrücke nur schwer zu durchlaufen ist, war ich in den zurückliegenden Monaten in dem Bereich äußerst selten unterwegs gewesen. Aufgrund der wahrgenommen Sägearbeiten hatte ich mir aber vorgenommen, mir auf einer der nächsten Laufrunde einen Überblick vom Fortschritt der dortigen Baustelle zu machen und nach der Ursache für den lautstarken Einsatz der Motorsägen suchen.

Als ich am nächsten Tag in den Bereich der Baustelle komme, erklärt sich mir umgehend das Ergebnis der akustisch wahrgenommenen Sägearbeiten. Mindestens ein Dutzend Bäume waren den Zinken der Sägen zum Opfer gefallen. Der Bodenbereich war großflächig mit gehäckselten Baumüberresten bedeckt, zudem waren mehrere Holzscheite entlang der Rodungskante aufgebahrt.
Notwendiger Kahlschlag zum Schutz der Ferngastrasse
Die Sägearbeiten hatten offensichtlich zum Ziel die dort verlaufende Ferngastrasse zum Schutz der Gasleitung von sämtlichen Sträuchern und Bäumen zu befreien. Die Ferngasleitung führt im Prinzip entlang der westlichen und nördlichen Bereichsgrenze des LSG Röhlinghausen vorbei. Sie verläuft zunächst parallel zur Erzbahn-Trasse, die gleichzeitig die Stadtgrenze im Westen zu Gelsenkirchen markiert, macht hinter der kleinen Berghalde einen rechtsknick und verläuft bis zum Hüller Bach entlang des Bahndamms, wo sie das LSG Röhlinghausen in mir unbekannter Richtung wieder verlässt (Möglicherweise entlang des Hüller Bachs?). Von der eigentlichen Gasleitung ist oberirdisch nichts zu sehen, lediglich durch die Vielzahl an gelben Warnbarken lässt sich der Verlauf der Gasleitung indirekt vermuten.

Unverhofft einen Dieb beim Holzklau gestört – (Fall A)
Als ich den Schock vom Kahlschlag überwunden hatte, stelle ich zu meiner Überraschung fest, dass ich in dem entlegenen und eigentlich nicht zugänglichen Bereich gar nicht alleine war. Aus der Sackgasse kam mir auf einem Fahrrad mit Anhänger ein älterer Mann entgegen. Erst beim zweiten Blick erkannte ich, dass der Anhänger voll mit Holz gewesen war und ich fragte ihn, was er denn damit vor hätte und ob er für die Entnahme eine offizielle Erlaubnis haben würde. Etwas perplex versuchte der auf frischer Tat ertappte Holzdieb mir dann auch noch zu erzählen, dass ihm eine Erlaubnis erteilt wurde, um das Holz einzusammeln.
Als ich diese ominöse Genehmigung dann aber von ihm sehen wollte, wurde er immer kleinlauter. Und nachdem ich ihm erklärt hatte, dass es sich bei seinem Tun genauso um einen Diebstahl handelt wie beim Diebstahl einer Flasche Wodka aus dem Supermarktregal, und ich als Landschaftswächter eigentlich dazu gezwungen wäre, die Polizei zu rufen, konnte man die Panik in seinem Gesicht erkennen. Schließlich bot er noch beschwichtigend an, das Holz wieder abzuladen, was er letztendlich aber nicht machen musste, denn ab dem Zeitpunkt tat er mir schon irgendwie leid! Da ich zudem joggend und ohne Handy unterwegs war, habe ich ihm lediglich noch gesagt, dass heute sein Glückstag ist. Dass er sich zukünftig aber nicht mehr rausreden kann, es nicht gewusst zu haben, was ihn sowieso nicht vor einer Strafverfolgung geschützt hätte.
Mit blauem IKEA-Einkauf-Sack auf Holzsammeltour – (Fall B)
Bei einem zweiten ähnlich gearteten Vorfall, der ebenfalls mit der Entnahme von Holz aus der öffentlichen Landschaft zu tun hatte, aber schon ich im Sommer passierte, beobachtete ich eine andere männliche Person ebenfalls im LSG Röhlinghausen dabei, wie sie mit riesigen IKEA-Taschen Totholz aus der Botanik zusammensammelte und dieses tütenweise mit dem Fahrrad abtransportierte. Diese Beobachtung blieb durch mich allerdings unkommentiert. Im Nachhinein hatte ich mich allerdings selbst gefragt, inwieweit die Entnahme der Äste gesetzeskonform gewesen ist, oder ob ich wie im vorherigen Fall hätte einschreiten sollen.
Anfrage an den Fachbereich Forst der Unteren Naturschutzbehörde Herne
Aus diesen beiden Beobachtungen und der Unsicherheit, wie es mit der bestehenden Gesetzeslage aussieht, resultierte eine Anfrage an den Fachbereich Forst der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Herne. Bei dieser Anfrage wollte ich grundsätzlich wissen, wem der Holzschnitt aus der Landschaft gehört? Denn in den meisten mir bekannten Fällen werden die kleineren Äste weggehäckselt und direkt in den angrenzenden Gebüschen verteilt, während die Stämme und dickeren Äste portionsweise zurechtgeschnitten und unmittelbar oder manchmal auch erst zu einem späteren Zeitpunkt abtransportiert werden.
In meiner Behörden-Anfrage wollte ich ferner wissen:
- Darf man sich als Bürger von dem aus unterschiedlichen Quellen stammenden Holzschnitt legal bedienen?
- Darf ich als Bürger vielleicht 2-3 Holzscheite mitnehmen, so wie es bei Blumen (Handstraußregel) oder Pilzen (1kg/ Tag und Person) der Fall ist?
- Gibt es Unterschiede hinsichtlich der Holzquellen (Emschergenossenschaft, Thyssengas, Straßen NRW, Stadtgrün)?
- Welche gesetzliche Reglungen gelten in Herne?
- Gibt es für den Herner Bürger Möglichkeiten legal an sein Brennholz zu kommen? Bietet Herne eine Art Holzsammelschein an?
- Gibt es hierzu eine belastbare Quelle mit näheren Informationen vor?
Erste Behörden-Reaktion bringt wenig objektive Klarheit
Die Informationen der ersten Antwort der Unteren Naturschutzbehörde, die ich dankensweiser unmittelbar auf die Anfrage erhalten hatte, waren nur begrenzt zufriedenstellend und in keinem Fall ausreichend, um mir die Unsicherheit hinsichtlich der geltenden Rechtsgrundlage in dieser Fragestellung zu nehmen. In der Mail teilt man mir lediglich mit, dass es für Herne keinen Holzsammelschein gibt und stark zusammengefasst, dass der Umfang der entwendeten Holzmenge und der Organisationsgrad bei der Tatausführung letztendlich über einen zu ahndenden oder einen tolerierbaren Diebstahl entscheiden. Während bei einer Tüte gesammelten Totholzes in der Regel drüber hinweggesehen werden könne, ist das Vollbeladen von Kofferraum oder Anhänger definitiv ein ahndungswürdiger Diebstahl, der bei vorliegendem Kenntnisstand strafrechtlich verfolgt wrden würde. Offiziell ist es aber unabhängig von der Holzmenge grundsätzlich illegitim, Holz aus dem öffentlichen Raum zu entnehmen, um es beispielsweise zu Hause als Kaminholz zu verfeuern.
Wirklich schlauer bin ich jetzt ehrlichgesagt nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die von der Unteren Naturschutzbehörde bisher erhaltenen Ausführungen zum Sachverhalt Holzklau im öffentlichen Raum durch weitere Details ergänzt werden würden. Auf meine beiden Beobachtungen bezogen, würden die erhaltenen Infos aber wohl bedeuten, dass es sich in beiden Fällen um Diebstahl von Holz gehandelt hat, es aber letztendlich Ermessenssache ist, ob die Tat strafrechtlich verfolgt werden würde oder eben nicht. Wobei auch im Fall des Holzdiebstahls die Redewendung „Wo kein Kläger, da kein Richter“ mehr als zutrifft und sich potentielle Diebe aufgrund der eher marginalen Gefahr beobachtet zu werden, nicht allzu große Sorgen machen müssen. Prinzipiell muss man festhalten, dass es sich mit dem Holzdiebstahl wie mit den illegalen Müllentladungen verhält, der Ermittlungsdruck in den LSGs ist viel zu gering.