Fester Bestandteil auf Freizeiten in der Kinder- und Jugendarbeit oder spaßbringender Programmpunkt am Kindergeburtstag
Als mich meine Laufrunde Mitte Januar durch den Landschaftspark Pluto V in Wanne-Bickern führt, fallen mir sofort die mehr als ein Dutzend buntgestalteten und laminierten Zettel auf, die in 1,50 Meter Höhe an Bäumen und Sträuchern befestigt waren. Auf allen diesen Zetteln war ein Regenbogen abgebildet. Bei genauerem Hinsehen war linksunten darüber hinaus eine fortlaufende Zahl zu erkennen. Schnell war klar, dass es sich hierbei um eine Schnitzeljagd handelt. Bewegung, Spiel und Sport Draußen an der frischen Luft sind nicht nur in Zeiten von Corona ein wesentlicher Bestandteil institutioneller und privater Kinder-Bespaßung. So gut wie jeder von uns wird irgendwo und irgendwann schon einmal in den Genuss gekommen sein, an einer solchen Rallye durch die Natur teilgenommen zu haben.

Schnitzeljagd, Nachtwanderung, Schatzsuchen oder Geocaching sind im Prinzip Bezeichnungen für ein und dasselbe Spiel – auch bei der im LSG Röhlinghausen durchgeführten Regenbogen-Rallye handelt es sich um eine Variante der klassischen Schnitzeljagd […]
Trotz der irreführenden Bezeichnungsvielfalt handelt es sich um ein typisches Wald- und Geländespiel, bei dem die Grundidee darin besteht, von einem Startort A zu einem Zielort B zukommen, wobei auf dem Weg zum Ziel verschiedene Aufgaben und Rätsel gelöst werden müssen. Je nach Adressatengruppen lassen sich kognitive und physische Anforderungen sowie der thematische Schwerpunkt und der zeitlich-räumliche Rahmen anpassen. Den Variationsmöglichkeiten sind hierbei so gut wie keine Grenzen gesetzt, so lässt sich eine Schnitzeljagd hinsichtlich räumlicher und zeitlicher Dimension (bsp. Nachtwanderung, Radwanderung, Stadtwanderung mit ÖVM), der thematischen Schwerpunktsetzung (Tiere, Pflanzen, Gewässer, Park, etc.), der Art der Navigation (Äste, Sägemehl, Kreide, Kompass und Karte, Handy, GPS, etc.) und der Story drum herum adressatenorientiert anpassen.
Das Spektrum pädagogischer Ziele und Schwerpunkte reicht vom Kennenlernen über die Förderung von Kommunikation und Teamwork, sowie weiterer sozialer Kompetenzen, bis hin zur Vermittlung von Wissensinhalten und Fähigkeiten.
Medium zum Transport naturrelevanter Themen
Im Rahmen einer ganzheitlichen Umweltbildung und -erziehung sind beispielsweise zur Förderung und Entwicklung eines verantwortungsvollen Naturbewusstseins vielfältige Stationen mit dem Schwerpunkt Natur und Umwelt und dementsprechend naturnahe Aufgabenstellungen zu empfehlen – das Suchen und Finden ausgewählter Dinge wie beispielsweise die Blätter bestimmter Sträucher und Bäume (Buche, Eiche, Linde, Ulme, etc.), deren Früchte (Zapfen, Bucheckern, Kastanien, Eicheln, oder eine Vogelfeder), möglicherweise ein vierblättriges Kleeblatt oder andere Rasenkräuter – Kreativität und Einfallsreichtum sind auch hierbei keine Grenzen gesetzt. Erlaubt ist grundsätzliche alles, was Spaß macht und das Naturerlebnis fördert, was das schlussendlich ist, hängt in erster Linie von den Adressaten ab. Grundvoraussetzung für alle planerischen Überlegungen zur Durchführung eines solchen Outdoor-Spiels muss der Respekt vor der Natur sein, wobei jegliche Art schadhaften Einflusses zu vermeiden ist.
Rätsel und Aufgaben, das Salz in der Schnitzeljagd-Suppe
Klar sollte in jedem Fall auch sein, dass so wie beim Lang- und Ultralangstreckenlauf auch hier die konfuzianische Weisheit gilt, dass der Weg das eigentliche Ziel ist. Weshalb Aufgaben und Spielestationen – aus unterschiedlichen Bereichen wie Geschicklichkeit, Teamwork, Wissen, Rechenaufgabe, Rätsel, etc. das Highlight einer jeden Schnitzeljagd ausmachen und somit als Spaßmultiplikator fungieren.
Aus RAIDERS wird jetzt TWIX, sonst ändert sich nix – Geocaching als GPS-Schnitzeljagd zum Ende des 20. Jahrhunderts
Im Rahmen des Blogs habe ich in Vergangenheit schon mehrfach von zufällig in der Landschaft gefundenen Caches berichtet. Diese Caches sind so gesehen die „Schnitzel“ der neuzeitlichen und technikunterstützen Variante der guten-alten Schnitzeljagd – dem Geocaching. Anders ausgedrückt kann die Schnitzeljagd als Vorläufer des modernen Geocaches angesehen werden, bei dem die Teilnehmer mit technischem GPS-Gerät ausgestattet und mit Hilfe von Koordinaten durch die Umgebung navigiert werden. Im Gegensatz dazu erfolgt die Navigation bei der Regenbogen-Rallye, die offensichtlich im LSG Pluto V stattgefunden hat, via visuell-wahrnehmbarer Schnitzel in Form der laminierten Regenbogenzettel, die in regelmäßigen Abständen und dazu durchnummeriert in der Botanik gehangen haben. Aufgrund der ausgewählten Navigations-Variante und der farbenfrohen „Schnitzel-Gestaltung“ kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Zielgruppe um Kinder gehandelt haben wird. Über die weitere Ausgestaltung der Schnitzeljagd verraten die Zettel allerdings nichts.

Manöverkritik: Abzüge in B-Note
Grundsätzlich bieten die verschiedenen Varianten der Schnitzeljagd unzählige Einsatzmöglichkeiten. Das Potential zur Formulierung pädagogischer Zielsetzungen ist nahezu unerschöpflich. Bei der Ausbildung eines ökologischen Natur-Bewusstseins im Rahmen einer ganzheitlichen Umweltbildung und -erziehung kann die Schnitzeljagd als universelles Transportmedium themenspezifischer Inhalte verstanden und eingesetzt werden. Deshalb fand ich die Idee an sich auch klasse. Nachdem ich drei Tage später aber gleich mehrere der Regenbogen-Zettel aus dem Gebüschen sammeln durfte, wurde meine durchweg positive Meinung ein wenig eintrübt. Als Verantwortlicher mit Vorbildfunktion hätte man sich hinsichtlich der Entsorgung durchaus schon bei der Planung Gedanken machen dürfen.
Spätestens am dritten Tag hätte man seine in die Botanik hägenden und in Plastik laminierten Regenbogenschilder doch dann wohl eingesammelt und ordnungsgemäß entsorgt haben können. Warum man der letzten Gruppe nicht einfach die Zusatzaufgabe mitgegeben hat, die Zettel auf dem Weg zum Ziel einzusammeln, erklärt sich mir nicht wirklich?! Kinderbespaßung im Freien ist wichtig und richtig, bei einer zukünftigen Wiederholung sollte man als verantwortlicher Organisator dann aber dafür sorgen, dass sein eingeschleppter Müll am Ende auch wieder aus der Botanik entfernt wird. Andererseits hätte eine ökologischere „Schnitzelauswahl“ (bsp. Kreide, Äste, Kieselstein, etc.) jeglichen Müll vermieden und es hätte keine Entsorgung bedurft.
Leave No Trace – Hinter lasse keine Spuren
In den letzten Monaten macht sich meiner Meinung nach durch ganz unterschiedliche Akteure (Müllsünder, Hundebesitzer, Mountainbiker, pädagogische Mitarbeiter, etc.) ein zunehmend egoistischeres Nutzungsverhalten des öffentlichen Raumes bemerkbar, zu dem auch die Stadtnatur gehört. Eine Nutzung und teilweise auch einen Missbrauch der Stadtnatur erfolgt, entweder bewusst böswillig oder aber ohne sich über die Konsequenzen seins Handelns und den damit für die Natur einhergehenden Folgen Gedanken gemacht zu haben. Parallelen zu dem Bericht über die Flut an Holzbauten und Tippis im öffentlichen Grün lassen sich auch hier eindeutig erkennen. Dabei wäre vieles so einfach, würde man bei seiner Freizeitgestaltung nicht nur in der städtischen Natur ein paar Grundsätze beachten und respektieren, von denen einer der Wichtigsten lautet: Hinterlasse keine Spuren („Leave No Trace“).