Eisangeln in Herne? Rückkehr der Wildangler ins LSG Röhlinghausen?
Auf der letzten Schnee-Runde durch die Landschaft von Erzbahntrasse und Hüller Bach führte mich mein Weg zu den Gewässerbiotopen im LSG Röhlinghausen an der Hofstraße. Die Stippvisite in dem Bereich wurde erforderlich, da die diesjährige Amphibienwanderung unmittelbar bevorsteht und sich die beiden Biotope in direkter örtlicher Nähe zur großen Baustelle für die Renaturierung des Hüller Bachs befinden. Im NSG Blumenkamp hatte sich in den letzten Monaten gezeigt, dass die baumaßnahmenbedingte Absenkung des Grundwasser zu einem akuten Austrocknen der Feuchtbiotope geführt hat, was das Laichgeschäft der Amphibien massiv und negativ beeinflussen würde. Die Situation im NSG Blumenkamp konnte letztendlich durch Einleitung des abgepumpten Grundwassers über ein umfangreiches Rohrleitungssystem entspannt werden. Bei der heutigen Begehung wollte also eruiert werden, inwieweit auch im LSG Röhlinghausen Handlungsbedarf bestehen würde.
Auffüllaktion im Februar 2021. Abzweigung des Rohrleitungssystems in den klienen Amphibien-Tümpel im NSG Blumenkamp. Aufgrund der Tiefsttemperaturen kurzzeitig demontiert [BILD: Feb2021].Weiterlesen →
Neue Beschilderung für das Feuchtbiotop im NSG Blumenkamp an der Günnigfelder Straße in Bochum Hordel/ Günnigfeld. Zur gleichen Zeit herrscht in allen drei Feuchtbiotopen absolute Trockenheit. Ist das diesjährige Laichgeschäft der Amphibien in Gefahr? Gibt es einen direkten Zusammenhang zu den Baumaßnamen im Umfeld des Hüller Bachs? Verpflichtet der neuerliche Schutzstatus des Gebietes die Behördenzum schnellen Eingreifen?
Der Wandel vom Naturschutzgebiet zum geschützten Landschaftsbestandteil ein möglicher Grund für die behördliche Intervention?!
Auf der gestrigen Runde durch die heimatliche Landschaft zog ein bisher noch nicht beobachtetes Hinweisschild meine Aufmerksamkeit auf sich – inwieweit sich das dreieckige Schild in seiner Bedeutung von den beiden standardmäßigen Schildern unterscheidet, konnte ich mir zunächst nicht erklären, weshalb ich am heimischen Computer Dr. Google zu Rate ziehen musste. Wie die beiden bekannteren Schilder – das für ein Landschaftsschutz- (LSG) und dem Naturschutz-Gebiet (NSG) ist das Schild Geschützter Landschaftsteil ein weiteres Hinweisschild, das einen naturnahen Bereich als besonders schützenswert deklariert, was immer das letztendlich für das ausgewiesene Areal hinsichtlich zutreffender Schutzmaßnahmen oder Eingriffe durch die Behörden bedeutet.
Das neue Hinweisschild steht unmittelbar an der Günnigfelder Strasse unterhalb der Erzbahntrassenbrücke [BILD: Januar 2021].Weiterlesen →
Nachdem ich mit der „Mobilisierungs-Mail“ das seit letztem Frühjahr bekannte Problem der tödlichen Gullys im Eickeler Volksgarten und damit die letztjährigen „Missverständnisse“ wieder ins Bewusstsein aller Beteiligten und vor allem ins Bewusstsein der Verantwortlichen rücken musste, was notwendig wurde, obwohl ein Treffen zur Lösungsfindung im Herbst 2020 angekündigt war, kommt es am 26.01.2021 zwischen mir und der Herner Behörde für Natur und Umwelt zum Austausch mehrerer Emails.
Alle Jahre wieder – wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät!? Wir nähern uns mit riesigen Schritte den diesjährigen Vorbereitungen für die Amphibeinschutzzaun-Aktion an der Florastraße im LSG Pluto V. Damit sich alle Beteiligten frühzeitig auf die bevorstehende Schutzmaßnahme vorbereiten können, habe ich zur Mobilisierung aller freiwilligen Helfer und der Unteren Naturschutzbehörde, die diese Aktion zu verantworten hat, eine Mail verfasst, die alleiniger Inhalt dieses Beitrags sein wird.
Email vom 24.01.2021 mit dem Betreff: Diverses zum Amphibienschutz in Herne: Wandersaison 2021, Ausstiegshilfen Gullys im Eickeler Park
Tag 22: Samstag 21.06.2020 – Gully-Kontrollen zur Sonnenwende
Die diesjährige Amphibienschutzzaunaktion im LSG Pluto V endete am 14. April, doch keine zwei Monate nach Abbau des Zauns an der L639 ist es auch schon wieder Zeit, für den Amphibienschutz in Herne aktiv zu werden. Bei dieser Aktion wird es, so wie im Frühjahr darum gehen, die Parkgullys im Eickeler Volksgarten zu kontrollieren, da diese aufgrund ihrer Bauweise und fehlender Anpassungen, die in Form von Ausstiegshilfen möglich und ohne große Kosten realisierbar wären, eine tödlichen Falle für Amphibien darstellen. Neben diesen parkinfrastrukturellen Problemen leiden die heimischen Amphibien aber auch am fortschreitenden Klimawandel.
Die Klimakrise – existenzielles Problem für Mensch & Tier
Bei der gestiegenen Häufigkeit von alarmierenden Meldungen über Eisschmelze, Meeresanstieg, Überflutungen, Hitzewellen, Trockenheit, Dürren, Wald- und Flächenbränden dürfte jedem Klardenkenden angst und bange werden. Der ein oder andere Ignorant mag sich zwar vielleicht auch denken: „Was habe ich damit zu tun? Das ist nicht unser Problem“. Schließlich liegt Herne zig Kilometer vom Meer entfernt und über ausgedehnte Waldflächen verfügt Herne auch nicht. Doch eins ist gewiss, die menschengemachte Klimakrise ist nicht nur ein folgenschweres Problem weitentfernter Orte, sie wird auch weitreichende Konsequenzen für uns, für die Natur und insbesondere für die heimischen Amphibienarten haben und zwar noch gravierender als es aktuell schon der Fall ist..
„Die ersten Opfer der Klimakrise – sind die wechselwarmen Arten wie Amphibien und Reptilien.“
Feststeht also, dass unabhängig von den globalen Problemen, die ein verändertes Klima unweigerlich mit sich bringen wird, die ersten Auswirkungen für jeden von uns und vor allem für die heimische Flora und Fauna auch schon in diesem Sommer wieder erfahrbar sein werden und aktuell auch schon erfahrbar sind. So haben viele Kleingewässer auf Herner Stadtgebiet aufgrund des geringen Niederschlags der letzten Wochen einen kritischen Zustand erreicht, und sollte der Füllstand in den Gewässern noch weiter absinken, wird ein Großteil der diesjährigen Amphibiengeneration das nächste Jahr nicht erleben. Aber auch die Exemplare, bei denen die aquatische Lebensphase und damit die existentielle Abhängigkeit vom Element Wasser schon seit mindestens ein Jahr zurückliegt, leben im urbanen Umfeld mit erheblichen anthropogenen Gefahren.
Alle Jahre wieder – auch 2020 war der Frühling zu niederschlagsarm und hat zur Bewahrung der aquatischen Artenvielfalt im LSG Pluto V in Wanne-Bickern eine Gewässer-Refill-Intervention nötig werden lassen. Wie kommen Herner Stadtgewässer mit der klimawandelbedingten Situation klar? Um es auf den Punkt zu bringen: Da vielen Herner Feuchtbiotopen die Klimaresilienz fehlt, bleiben selbst 30 Badewannen voll mit Wasser (6000 Liter) nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Mit der Datenauswertung des Krötenzaun-Projekts 2020 waren die praktischen Arbeiten für dieses „Krötenjahr“ Mitte Mai eigentlich abgeschlossen, allerdings hatte die andauernde Trockenheit zum Ende der Amphibienwandersaison zu einer angespannten Wassersituation in den Gewässerbiotopen des Landschaftsparks Pluto V geführt, weshalb es auch in der Folgezeit zwingend erforderlich wurde, die beiden Gewässer im LSG Pluto V in regelmäßigen Zeitabständen (mindestens wöchentlich) zu kontrollieren.
Das Bild zeigt das größere der beiden Biotope im Landschaftspark Pluto V in Wanne-Bickern nach der Gewässer-Refill-Aktion (02.06.2020) mit 6000 Litern Wasser. Die mit Wasser bedeckte Fläche ist im Vergleich zur Februar-Situation 90% zurückgegangen, wodurch die Entwicklung der Amphibienlarven massiv bedroht wird. [BILD: 02. Juni 2020].
Fast sechs Wochen sind seit den Vorkommnissen vom 08.05.2020 ins Land gezogen. Relevante Auffälligkeiten hatte ich in dem zurückliegenden Zeitraum keine wahrgenommen, was jedoch nicht bedeutet, dass es definitiv keine Angelaktivitäten gegeben hat, sondern lediglich bedeutet, dass ich die Wildfischerei-Thematik nicht mit der letzten Konsequenz verfolgt habe. Denn mit der Schmetterlingsaufzucht gab es ein faszinierendes Konkurrenzprojekt, das sich zu der Zeit in seiner Hochphase befunden und meine Aufmerksamkeit vollumfänglich in Anspruch genommen hat. Und wenn ich in dem Zeitraum trotz der CORONA-bedingten Wettkampf-Armut dann doch Mal laufend in der Landschaft unterwegs war, dann zumeist um in anderen Bereichen meines Laufreviers Brennnesseln für die immer hungrigen Raupen zu besorgen.
An- und Umsiedlung der geretteten Amphibien
Grund für die Bereichsbegehung an diesem Sonntag war deshalb auch keine vorausgegangene Beobachtung, sondern die Tatsache dass wir nach der sommerlichen Amphibienschutz-Aktion „Summer-Edition“, bei der Gullys im Eickeler Volksgarten und ein Schacht auf dem in der Nähe zum LSG gelegenen Alma-Gelände in Gelsenkirchen-Ückendorf hinsichtlich hineingefallener Amphibien kontrolliert hattenm mit den drei aus dem Schacht geretteten Amphibien ins LSG gefahren sind, um die Amphibien an dem kleineren der beiden Gewässer freizulassen.
Denn auch wenn Amphibien für gewöhnlich nur zur Fortpflanzung und während der Entwicklung in der Larvenphase auf das Element Wasser angewiesen sind, verfügt das Gebiet rund um die Auffangbecken im LSG Röhlinghausen über viel Grün und wenig Verkehr und eignet sich deshalb als ideales Habitat für heimische Amphibien.
Tag der Offenen Tür im LSG in Röhlinghausen
Nachdem das Biotop im LSG Röhlinghausen auf der erzbahntrassennahen Uferseite erreicht war, stellen wir fest, dass die massive Kette und das Vorhängeschloss mit dem das Zugangstor zum Gelände der naturnahen Technischen Anlagen seit jeher gesichert ist, entfernt wurde und das Tor einen Spalt offensteht. Allerdings sichert auch ein verschlossenes Tor den Bereich nicht vor unbefugtem Zutritt, da der knapp zwei Meter hohe Doppelstabmattenzaun unmittelbar rechts neben dem Tor endet und ein Hinterlaufen des Zauns ohne Probleme möglich ist.
Tag der offenen Tür im LSG Röhlinghausen – aber auch sonst ist der Zugang jeder Zeit möglich [BILD 21. Juni 2020].
Gewässer ist nicht gleich Gewässer
Im LSG Röhlinghausen an der Hofstraße an der Stadtgrenze zu Gelsenkirchen befinden sich grundsätzlich zwei nebeneinanderliegende Hochwasser-Auffangbecken, die als potentielles Laichgewässer für Amphibien in Frage kommen. Wobei das kleinere der beiden Gewässer aufgrund seiner regelmäßigen Austrocknung für Amphibien geradezu prädestiniert ist. Im Größeren sieht man vermehrt Fische springen, was für die Anwesenheit jagender Raubfische sprechen könnte und zumindest für Gras- und Wasserfrosch befürchten lässt, dass diese erheblich Fressfeinddruck ausgesetzt sein würden.
Haupttatort der illegalen Angelaktivitäten [BILD: August 2019].
Erdkröten sind kein Festmahl für Fische
Für Erdkröten spielt die Anwesenheit von Prädatoren im Gewässer keine zu große Rolle, da sie durch die in ihrer Haut enthaltenen Bufotoxinen über einen körpereigenen Abwehrmechanismus verfügen, der sie für Fische geschmacklich ungenießbar werden lässt. So konnte in diversen Studien zum Thema Koexistent von Fischen und Amphibien gezeigt werden, dass die Erdkröte die heimische Amphibienart darstellt, die in Habitaten zusammen mit Fischbestand koexistieren und sogar in der Lage ist, stabile Populationen auszubilden.
Das kleinere der Beiden Hochwasser-Auffangbecken im LSG Röhlinghausen – ein ideales Habitat für heimische Amphibien [BILD: Frühjahr 2020].
Amphibientauglichkeit der beiden Gewässer im LSG Röhlinghausen
Die besseren Bedingungen ergeben sich, so paradox es sich zunächst anhören mag, auch aus der regelmäßigen Austrocknung des Gewässers, wodurch sich die Anzahl an potentiellen Fressfeinden für die adulten Amphibien und erst recht für die Amphibienlarven auf natürlichem Wege regelmäßig dezimiert und limitiert. Für die besondere Eignung des kleineren der beiden Gewässer als Laichgewässer spricht auch eine geringe Gewässertiefe, was mit höheren Wassertemperaturen einhergeht und sich positiv auf die Entwicklungsdauer der Larven auswirkt. Ferner verfügt dieses Gewässer über eine weniger stark ausgebildete Uferkante, die mit jahreszeitbedingter Abnahme des Wasserstandes und je nach Steilheit zum Hindernis für die Amphibien darstellen kann.
Entnahme von Fischen im Sinne des Amphibienschutzes, ABER…
Betrachtet man hingegen die Wildangelei allein aus der Perspektive des Amphibienschutzes könnte man dem illegalen Treiben an dem Gewässer im LSG Röhlinghausen durchaus noch etwas Positives abgewinnen, da durch die Entnahme von Fischen aus dem Gewässer auch die Gefahr für die Amphibien sinkt. Andererseits bedeuten weniger Fische im Gewässer gleichzeitig auch, dass Graureiher, Kormoran und Eisvogel weniger Beute vorfinden würden. Und wenn man sieht mit welchen Begleiterscheinungen die Angelaktivitäten einhergehen, dann kann man sie sowieso nicht mehr gutheißen, auch nicht aus Sicht des Amphibienschutzes.
Entdeckungen bei der Auswilderung am kleinen Gewässer
Der Weg zum Ufer des kleinen Auffangbeckens führt uns quer durch das abschüssige Gelände. Im Gegensatz zum größeren Gewässer verfügt das Kleinere über keinen bequemen Rasenzugang. Auf dem Weg durch das Gebüsch entdecke ich zunächst die massive Kette mit dem Vorhängeschloss, welches bisher das Eingangstor zumindest optisch gesichert hatte. Doch das war noch nicht alles. Nachdem die Amphibien freigelassen waren, bemerke ich am oberen Rand des Gebüsches etwas Metallisches, was sich aus der Nähe als ein nahezu neuer Unterfangkescher zuerkennen gibt.
Ein im Gebüsch versteckter Unterfangkescher [21. Juni 2020].
Als neu war der Kescher zu identifizieren, da das Preisschild in Höhe von 13 € am Stiel klebte und das Schrift sogar noch einwandfrei zu lesen war. Vor knapp sechs Wochen die drei ausliegenden Angeln, heute ein Kescher, den ich Didi überlasse, da seiner kaputt gegangen war und er sich sowieso einen Neuen angeschafft haben wollte. Wenn es in dem Jahr mit dem Finden von Angelequipment so weitergeht, habe ich bald eine komplette Angelausstattung beisammen. Immer mehr Indizien sprechen dafür, dass in dem Bereich in den letzten Wochen nicht nur einmal geangelt wurde.
Weg zum Haupttatort der Wildfischerei mit Müll gepflastert
Da die beiden Gewässerufer lediglich 30 Meter Luftlinie voneinander entfernt liegen, geht es nach erfolgter Auswilderung drei Lurche weiter zum Nachbarufer des größeren der beiden Auffangbecken. Schließlich wollte Didi unbedingt den Ort sehen, an dem ich im Mai die drei Angeln gefunden hatte, die er vor der Endstation Mülltonne bewahrt hatte. Schon der Weg am Fußbereich des Hochspannungsmastes vorbei ist übersät mit unzähligen Bier- und Schnapsflaschen und diversem anderen Verpackungsmüll. Unzählige liegen darüber hinaus großflächig verteilt auf der Uferwiese und in den ufernahen Gebüschen.
Eine frische Feuerstelle, in der sich ebenfalls Reste von Verpackungsmüll, Flaschen und Dosen befinden, zeugen von den neuerlichen Party- und Angel-Aktivitäten im LSG Röhlinghausen. Die Situation ähnelt sehr stark der vom 08.05.2020. Für die Annahme, dass hier erneut geangelt wurde, sprechen auch die selbstgebauten Angelhalter aus zwei gekreuzten Stöcken im Uferbereich an der Wiese.
Provisorischer Angelständer am Ufer des Hochwasser-Auffangbeckens im LSG Röhlinghausen [BILD: 21. Juni 2020]
Die heutigen Beobachtungen geben Anlass zur Sorge und zeigen einmal mehr, dass im LSG Röhlinghausen regelmäßiger als bisher angenommen Wildangler ihr Unwesen treiben. Die zukünftige Entwicklung sollte deshalb zwingend im Auge behalten werden. Da trotz Meldung der beobachteten Vorfälle an die zuständigen Behörden bisher keine Notwendigkeit zum Handeln erkannt wurde, bleiben sporadische Kontrollen auch in nächster Zeit unabdingbar.
Während mit der Demontage des Amphibienschutzzauns der praktische Teil des diesjährigen Projektes zum Schutz der heimischen Amphiben an diesem Standort endet, fehlt zum endgültigen Projektabschluss noch die Analyse der im Projektzeitraum erhobenen Daten. Diese vorab angekündigte Datenanalyse erfolgt mit Hilfe einfacher Methoden der deskriptiven Statistik im Rahmen dieses Beitrages.
Drei Leitfragen stehen bei unserem Monitoring im Mittelpunkt:
Wie hoch ist das Amphibienaufkommen an der Berliner Straße?
Wie ist die Geschlechterverteilung?
In welchen Bereichen des Zauns findet sich das höchste Aufkommen?
Tag 19: Sonntag 26.04.2020 – Wilderei im Ruhrgebiet…
Gefahr im Verzug oder offizielles Monitoring?!
Heute führte mich meine Laufrunde zum Feuchtbiotop im NSG Blumenkamp. Das kleine Gewässer im Naturschutzgebiet Blumenkamp zwischen den beiden Bochumer Stadtteilen Hordel und Günnigfeld ist der Ort, zu dem die Amphibien gebracht werden, die sich in den Fangeimern am Amphibienschutzzaun an der Hordeler Heide befinden.
Die heutige Laufrunde führte mich seit Langem mal wieder in das NSG Berghalde Pluto-Wilhelm – genauer gesagt zum kleinen Feuchtbiotop auf der dortigen Plutohalde. Da es seit Wochen keinen ergiebigen Niederschlag mehr gegeben hatte, wurde es zwingend erforderlich, sich ein Bild von der aktuellen Situation im Feuchtbiotop zu machen. Das auf der Halde gelegene Biotop ist relativ klein und weist selbst nach den Phasen im Frühjahr mit hohem Niederschlagaufkommen einen maximalen Wasserstand von 20-30 Zentimeter auf. Zudem ist es komplett mit Wasserpflanzen bewachsen und von „durstigen“ Bäumen umgeben, weshalb es noch eher dazu neigt, relativ früh im Jahresverlauf auszutrocknen.
Beim diesjährigen Abbau des Amphibienschutzzauns kam es zu einer ungeplanten Rettungsaktion, die durch Steigerung der Humus-Produktion im heimischen Komposthaufen und einer damit einhergehenden Verbesserung der Bodenqualität einen positiven Nebeneffekt mit sich bringen sollte. In den zwei Monaten, während der Krötenzaun in der Botanik an der Berliner Straße im LSG Pluto V steht, sind im Bereich am Zaun und in der Erde, die zum Abdichten des Zauns angeschleppt und auf den Zaunsaum verteilt wurde, allerlei Pflanzen gewachsen. Neben Massen von Knoblauchsrauke findet sich eine Vielzahl weiterer Ackerkräuter.
Rechts im Bild die wuchernde Knoblauchsrauke.Weiterlesen →
Der Amphibienzaun steht seit dem 15.02.2020 auf der Böschungskante an der Berliner Straße im LSG Pluto V. Der zurückliegende Monat war ernüchternd, denn seit dem 12.03.2020 hat es nicht einen weiteren Eimerfunde gegeben, womit sich die Befürchtungen dahingehend bewahrheitet haben, dass sich das diesjährige Amphibienaufkommen im Vergleich zum Vorjahr dramatisch reduziert hat.
Abbau – umgefahrene Leitpfosten zweckentfremdet als Zaunersatz zum Schutz der Amphibien.
Da laut Wetterprognose auch in den nächsten Tagen der sehnlichst erwartete Niederschlag ausbleibt, ist die Zeit gekommen, das Amphibienschutzprojekt 2020 für beendet zu erklären und den Schutzzaun alsbald abzubauen. Der zeitige Abbau ist auch deshalb erforderlich, um den zurückwandernden Amphibien den Weg ins Sommer- und Winterquartier barrierefrei zu ermöglichen.
Routinemäßig checke ich auch an diesem Tag meinen Email-Account und werde fündig. Zwischen zahlreichen Spam-Mails entdecke ich eine Benachrichtigung mit dem Betreff DRINGENDE Bitte um Rückruf. Hm, vielleicht ein April-Scherz? Was mir bei Betrachtung des städtischen Absenders aber unmittelbar unwahrscheinlich erscheint. Der Inhalt der Mail ist sparsam an Informationen und wenig aufschlussreich, wiederholt lediglich die Aufforderung der Betreffzeile. Ich soll doch DRINGEND bezüglich der Kröten anrufen. Nachdem ein April-Scherz aufgrund der seriösen Absenderadresse nicht in Frage kommt, schießen mir allerhand weiterer Vermutungen durch den Kopf. Möglicherweise ist auch irgendwas mit unserem Amphibienschutzzaun?
Auf der heutigen Kontrollrunde entlang des Zauns im LSG PLUTO V ist mir eine Losung aufgefallen, die sich unmittelbar an Eimer 4 des Amphibienschutzzauns in exponierter Lage befindet. Ein Hund ist aufgrund der Lage des Zauns auf einer Böschungskante eher unwahrscheinlich. Meine Vermutung wäre ein Mader oder Fuchs, aber ich lass mich auch gerne eines Besseren belehren. Wenn dem tatsächlich so sein sollte, dann wäre eine weitere Ursache gefunden, warum die Amphibien-Population in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 40% zurückgegangen sind.
WANTED! Welches Tier scheisst dreist am Krötenzaun? Möglicherweise nachdem es sich den Bauch mit etwas Amphibischen aus den Fangeimern vollgeschlagen hat?!
Im Ökosystem Teich sind Algen grundsätzlich ein natürlicher Bestandteil. Mit steigender Temperatur im Frühjahr erwacht die Natur und mit ihr auch der Teich und seine Pflanzen. Doch nach den Wintermonaten stehen den Algen vor allem im Biotop des Landschaftsparks Pluto V zu viele Nährstoffe zur Verfügung, was zu einer rasanten Vermehrung führt und Folgeprobleme mit sich bringt. Das Ausmaß der Algenblüte ist ein Indiz für den Nährstoffüberschuss und damit für das aktuelle biologische Ungleichgewicht im Teich.
Wasserschwund und Algenexplosion am Feuchtbiotop im Landschaftsschutzgebiet Pluto V
Die letzte Woche mit bis zu 12 Stunden Sonne bei gleichzeitig ausbleibendem Niederschlag haben den Wasserstand des großen Teiches im LSG Pluto V deutlich absinken lassen. Zudem ist das Algenwachstum nahezu explodiert. Ein Drittel der Teichoberfläche liegt verschlossen unter einem grünen Teppich. Bleibt zu hoffen, dass sich der Wasserschwund in den nächsten Wochen wieder verlangsamt, sonst ist die Entwicklung der Kaulquappen in diesem Jahr recht früh gefährdet.
Ausmaß des Wasserverlustes
Definiert man die Position der Algen an den aus dem Wasser herausragenden Stängeln als den maximalen Wasserstand, der noch vor einer Woche erreicht wurde, dann liegen diese Algen um bis zu 20 Zentimeter über dem aktuellen Wasserstand, was einem Rückgang des Wasserspiegels von 15-20 cm entspricht. Der Teich hat innerhalb von wenigen Tagen eine Wasserhöhe von bis zu 20 Zentimetern verloren. Dass der Teich an Wasser verloren hat, lässt sich auch an den im Trockenen liegenden massiven Algenflächen deutlich erkennen.
Inwieweit dieser Rückgang ausschließlich mit dem trockenen Wetter und der Maximalanzahl von bis zu 12 Sonnenstunden am Tag zusammenhängt oder ob der eingesetzte Vegetationsschub der Algenblüte dafür mitverantwortlich ist, lässt sich schwer sagen. Unabhängig von der aktuellen Problemlage der Algenblüte steht die Teich-Baum-Undichtigkeits-Relation weiterhin ungeklärt im Raum.
Explosionsartiger Algenwachstum
Das massive Algenwachstum ist in jedem Fall ein Anzeichen dafür, dass sich die Nährstoffbilanz im Teich aktuell im Ungleichgewicht befindet. Wobei dieser Zustand im Frühjahr häufig auftritt und für die Jahreszeit mit steigender Temperatur und zunehmenden Sonnenstunden durchaus normal ist.
Quellen der Nährstoffanreicherung
Als potentielle Nährstoffquellen fallen mir einige ein. Eine Quelle für die Nährstoffanreicherung des Teichs ist sicherlich der Baum im direkten Uferbereich, da sein im Herbst abgeworfenes Laub definitiv im Teich landet und somit für den Nachschub von organischem Material sorgt. Auch die blütenreiche Wiese oberhalb des Teichs kann als organische Nährstoffquelle betrachtet werden, da Blütenpollen von Wind und Regen ungehindert in den Teich eingebracht werden.
Neben dem Laub von Bäumen und den Blütenpollen tragen abgestorbene Schilfpflanzen ebenfalls zur Anreicherung mit Nährstoffen im Teich bei. Und auch die Algen selbst begünstigen das zukünftige Algenwachstum, da sie irgendwann absterben und auf den Grund des Teiches absinken. Dort werden sie im Laufe der Zeit zersetzt, was zu einer verminderten Sauerstoff-Konzentration im Wasser führen kann und im Worst Case die Konzentration soweit absinken lässt, dass Tiere ersticken und der Teich umkippt, wenn statt der aeroben Zersetzung vermehrt die anaerobe Zersetzung stattfindet. Spätestens im nächsten Frühjahr sorgen Algen, Blüten und Pollen aber in jedem Fall dafür, dass sich das Szenario vom explodierenden Algengrün wiederholen wird.
Inwieweit der Baum oder die polleneichen Pflanzen im direkten Umfeld des Biotops zu beseitigen sind, bzw. der Eintrag reduziert werden kann, um den Lebensraum Feuchtbiotop im LSG Pluto V zu schützen, will ich nicht beurteilen.
Maßnahmen zum Ausgleich der Nährstoffbilanz im Teich
1.) Ursachen für den erhöhten Nährstoffeintrag (Überdüngung) beseitigen. Pflanzenreste entfernen, Laub entfernen, Schutzwall anlegen, damit der Polleneintrag erschwert ist.
2.) Die vorhandene Algen abkeschern, um auf diesem Wege dem Wasser die in den Algen gebundenen Nährstoffe zu entziehen. (Mechanische Entnahme)
3.) Da Wärme und Licht wichtige Einflussfaktoren auf das Algenwachstum sind, sollte auch mehr Schatten hilfreich sein, was allerdings wieder den Nährstoffeintrag im Herbst erhöht.
4.) Möglicherweise lässt sich der Nitrat- und Phosphatgehalt im Teich durch ein Bindemittel senken, wobei die Algen an sich ja schon ein solches Mittel darstellen.
Auswirkungen auf die Amphibien?
Inwieweit sich der erhöhte Sauerstoffverbrauch durch das vermehrte Algenwachstum und der damit einhergehende reduzierte Sauerstoffgehalt des Wassers negativ auf die Amphibien auswirken, kann ich nicht beurteilen. Ob die Algen sogar eine Gefahr für Laich oder Kaulquappen darstellen, weiß ich auch nicht. Denkbar ist aber, dass die Entwicklungsgeschwindigkeit dahingehend beeinflusst wird, dass sie sich verlängert, was insofern kritisch ist, da die Austrocknung des Teichs sowieso spätestens Ende Juni erfolgt und die Entwicklung zum Jungamphibium allerspätestens dann beendet sein muss, weil es sich mit Kiemen schlecht ohne Wasser atmet.
Der Schutzzaun steht mittlerweile seit dem 15. Februar an der Berliner Straße und wurde bisher verhalten besucht, zur Zeit macht es außerdem den Anschein, als sei die Messe für dieses Frühjahr so gut wie gelesen. Der Großteil der wanderfreudigen Amphibien ist im Laichgewässer oder sogar schon auf dem Rückweg. Da sich das Amphibienaufkommen an den Standorten aktuell aufgrund des zurückgekehrten Nachtfrosts in beide Richtungen auf null reduziert hat, nutze ich die Zeit, ein kurzes Zwischenfazit zur Amphibiensaison 2020 zu ziehen.
1. Persönlicher Steno-Rückblick
In den zurückliegenden fünf Wochen ist rund um das Thema Amphibienschutz eine ganze Menge passiert und ich konnte viel Interessantes erfahren. Das diesjährige Krötenjahr begann mit dem verschwundenen Zaunmaterial und als der Zaun Mitte Februar trotz reduzierten Materials fertig aufgebaut war, dauerte es gerade einmal zwei Tage, bis die erste Amphibienwelle auf den Schutzzaun traf. Einen Tag danach folgte das erste von insgesamt drei Sturmtiefs innerhalb von drei Wochen. Zwischenzeitlich hatten wir die Molche vermisst, die dann zum Glück in einem Gully im Eickeler Park wieder auftauchten.
Mit der dortigen Gully-Problematik ist mir eine weitere tödliche Gefahr bewusst geworden. Starkregenereignisse mit bis zu 28 Liter pro Quadratmeter Niederschlag suchten den Zaun heim und veranlassten uns die Fangeimer zum Schutz der Regenwürmer zu modifizieren. Nebenbei wurde eine Blühwiese angelegt und ich habe dafür gesorgt, dass der Revisionsschacht an der kleinen Berghalde versiegelt wurde. Wir haben eine Fehlpaarung zwischen einem Grasfrosch mit einer Erdkröte sowie ein „Todesrad“ aus zwei Erdkrötenmännchen mit einem Erdkrötenweibchen getrennt. Und trockengelegenes Grasfroschlaich zurück ins Wasser befördert.
Ich habe einen Massenwandertag bei Idealbedingungen mit beeindruckend hohem Aufkommen von bis zu 50 Tieren in Günnigfeld live miterlebt. Darüber hinaus Dutzende Passanten aufgeklärt und teilweise vom Thema Amphibienschutz begeistert und darüber hinaus viel Zeit an der frischen Luft und mit viel Himmel über dem Kopf verbringen dürfen, dabei das Frühlingserwachen in der Natur von Tag zu Tag hautnah miterleben dürfen. Und als sich alle mit dem überaus feuchten Frühling angefreundet hatten, wurde es kurzzeitig sommerlich, dann schattig und in den letzten Tagen ist sogar der Nachtfrost wieder zurückgekehrt.
Stand der Dinge bei den Erdkröten
Wettertechnisch war es in dieser Saison ein wenig chaotisch, ohne erkennbaren Trend ging es vergleichbar dem Kursverlauf an der Börse rauf und runter, weshalb Prognosen zum tatsächlichen Stand der Laichwanderung schwer vorherzusagen sind. Fakt ist, das aktuell 60% der Erdkröten im Vergleich zum Vorjahr in einem der Fangeimer im LSG Pluto V registriert wurden. Die aktuellen Zahlen was Teich- und Bergmolch betreffen haben dahingegen die Vorjahreszahlen schon jetzt erreicht.
Die Grafik zeigt das Krötenaufkommen sowie die Verläufe von Temperatur & Niederschlag.
Ob noch ein paar „Langschläfer“ beziehungsweise Weitwanderer nach dem aktuellen Nachtfrost in den nächsten Tagen nachkommen werden oder ob wir in dieser Saison bei den Erdkröten am Zaun einen Rückgang von rund 40% zu verzeichnen haben, wird sich bis Mitte April zeigen. Die Ursachen für kein weiteres Amphibienaufkommen am Schutzzaun müssen aber nicht zwangsläufig mit einer Populationsdezimierung zusammenhängen, da im Bereich jenseits der Straße ideale Bedingungen für ein Winterquartier gegeben sind und der etwaige „Umzug“ den Vorteil hätte, dass die Amphibien das todbringende Kreuzen der L639 (Berliner Straße) zukünftig vermeiden könnten.
2. Trockene Fakten zum Zaun
2.1. Wichtige Fakten
Aktionsstart: 15.02.2020
Wanderstart: 17.02.2020 (evtl. auch früher, aber ab dem WE stand der Schutzzaun) nach einem ungewöhnlich frühen Sommertag mit Temperaturen um die 17°C
Massenwandertag: Zeitraum 09.-12.03 – nach vier regenreichen Tagen mit relativ soliden Nachttemperaturen (> 5°C) und Tagestemperaturen um die 10°C
Aktuell: ab 13.03.2020 keine Funde am Amphibienschutzzaun, ohne Niederschlag und Nachttemperatur knapp über Gefrierpunkt, meist mondklare Nächte
Sonstiges: auffallend hoher Anteil an Krötenweibchen von 46,25 %
D.h. bis heute bei 11 Verlusten 102 Amphibien gerettet !!!
3. Gedanken – Utilitarismus im Artenschutz unangebracht
Bei den aktuellen Zahlen zum Amphibienaufkommen am Schutzzaun an der Berliner Straße stellt sich mir irgendwie trotz Überzeugung, das Richtige zu tun, die Frage der Sinnhaftigkeit einer solchen arbeitszeitintensiven Maßnahme. Wenn man bedenkt, dass zwei Personen mit dem Aufbau rund 20h beschäftigt sind. Dazu die täglichen Kontrollgänge morgens und abends – Zaun abgehen, Tier einsammeln, ins Biotop rüberbringen, d.h. mindestens 1h/ Tag – hinzurechnet, dann wären das in der Summe 50h, die aktuell für 50 Erdkröten und paar Molche investiert werden mussten?!
Rein utilitaristisch und unter ökonomischen Aspekten betrachtet, ist die Aktion Amphibienschutzzaun sicherlich fragwürdig. Allerdings ist unbedingt zu beachten, dass die L639 eine stark frequentierte Umgehungsstraße ist, auf der ständig schneller gefahren wird, als es die 50 km/h erlauben. Und wenn man zudem bedenkt, dass die Gefahr für die Amphibien mit steigender Fahrtgeschwindigkeit zum Quadrat zunimmt, würde eine Einstellung der Schutzmaßnahmen zu erheblich höheren Opferzahlen führen und somit die Population im Habitat weiter dezimieren. Dieser Standort an der Berliner Straße darf deshalb auch nicht alleine anhand des Aufkommens bewertet werden sondern anhand der vermiedenen Opferzahlen, was diese Schutzmaßnahme an dem Standort unbedingt legitimiert.
Fazit:
Unter dem Strich habe ich auch in diesem Jahr wieder eine sinnstiftende Aufgabe im Bereich Artenschutz praktisch erleben dürfen. Und die aktuelle Saison ist noch lange nicht vorbei, schauen wir mal, was noch alles passiert.
Nachdem die 25 Fangeimer des Amphibienschutzzauns an der Berliner Straße kontrolliert sind, bringen wir die Eimerfunde rüber zum Teich im Landschaftsschutzgebiet PLUTO V. Als der Teich erreicht ist, machen wir im Uferbereich eine unschöne Entdeckung. Zwei Meter neben dem Teich liegen insgesamt sieben Erdkröten, von denen drei augenscheinlich schwerer verletzt und möglicherweise auch schon tot sind, was damit zu begründen ist, dass sie massive Verletzungen aufweisen. Die anderen vier Erdkröten setzen wir vorsichtig am nahen Teichufer ins Wasser, worauf alle bis auf eine Erdkröte wieder munter werden. Die eine Erdkröte bewegt sich zwar auch, ist aber augenscheinlich nicht mehr in der Lage abzutauchen.
Wie die Tiere in die Nähe des Teichs gekommen sind und auch wer sie so zugerichtet hat, lässt sich abschließend nicht mehr klären und bleibt reine Spekulation.
Spekulative Ursachenfindung
a) Fressfeind: Bussard, Graureiher, Fuchs oder Mader?!
Entweder ein Beutegreifer, der die am Land relativ behäbigen Kröten als leichte Beute angesehen hat und im Rauschzustand erst einmal alles eingesammelt hat, was sich in der Nähe befunden hat. Und bevor es mit dem Fressen anfangen konnte, von einem Hundebesitzer beim Gassi gehen gestört wurde. Als mögliche Beutetiere kommen im LSG Pluto maximal drei bis vier Verdächtige in Betracht. Aus meiner Sicht vorstellbar wären ein Graureiher, ein Bussard, ein Fuchs oder vielleicht noch ein Mader. Wobei von den Vieren nur die Säugetiere dazu neigen sollten, auf Vorrat zu jagen. Gegen die Beutetier-These spricht wiederum die Tatsache, dass vor allem die Krötenhaut einige Bufotoxine enthält, was einen möglichen Fressfeind aufgrund der ungenießbaren Beute unmittelbar vom Weitersammeln hätte abgehalten sollen. Außerdem sind die Verletzungen zu unspezifisch und nicht als Bissspuren einzustufen.
b) Amphibienhassender Tierquäler
Relativ abwegig ist zugegebenermaßen die Vermutung, die Ursache im Zusammenhang mit den jugendlichen Vandalen zu suchen, die im Landschaftsschutzgebiet definitiv ihr Unwesen treiben. Aber Feuermachen, Grillen oder Graffitis sprayen sind im Vergleich zur Tierquälerei dann doch ein ganz anderes Kaliber und deshalb eher auszuschließen.
c) Straßenverkehr-Helfer-These
Die plausibelste Erklärung lieferte Didi selbst. Er geht davon aus, dass die Tiere heute Morgen von einem engagierten Unbekannten von der Straße aufgesammelt und an den Teich gebracht wurden. Die Amphibien weisen seiner Meinung nach zudem die typischen Verletzungen auf, die durch den Straßenverkehr verursacht würden. Während ein Lurch nach Direktkontakt mit dem Autoreifen zumeist zerquetscht am Asphalt klebt, sprechen in unserem Fall viele Indizien dafür, dass es sich hierbei um Opfer der hohen Fahrtgeschwindigkeit der Fahrzeuge handelt.
Im Fall der Erdkröte, die nicht mehr abtauchen konnte, geht er davon aus, dass möglicherweise eine Verletzung der Schwimmblase vorliegt. Inwieweit Frösche oder Kröten als Landlebewesen überhaupt über eine Schwimmblase verfügen, halte ich eher für fragwürdig. Doch welche Hohlorgane es durch die auftretenden Durchveränderungen eines vorbeifahrenden Fahrzeugs tatsächlich zerreißt, ob Lunge, Magen, oder doch die Wirbelsäule kann ich auch nicht sagen, weil dafür meine anatomischen Kenntnisse nicht ausreichend sind.
Strömungsmechanik
Aber wie es zu den tödlichen Turbulenzen kommt, kann ich mir wohl noch zusammenreimen. In Abhängigkeit von der Bauweise der Fahrzeugfront und der Höhe der Fahrtgeschwindigkeit werden vom Fahrzeug Luftmassen verdrängt, die vom Fahrzeug in alle Richtungen abströmen. Konstruktionsbedingt kommt es beim Übergang von Stoßstange und Unterboden zu einem Strömungsabbruch, der erhebliche Verwirbelungen verursacht und das zunächst kontaktlos überfahrene Tier auf dem Asphalt herumwirbelt und teilweise auch an Unterbodenbauteile prallen lässt. Tiere, die dieses Schicksal erleiden, weisen zumeist innerliche Verletzungen auf, sind aber morphologisch betrachtet relativ intakt und auch noch als Kröte oder Frosch identifizierbar. Und dieser Fakt trifft auf die Kröten im Uferbereich genau zu.
Doppelt Pech gehabt
Teilweise wird ein und derselbe Lurch auch erst von einem Fahrzeug kontaktlos Überfahren und später von einem anderen Fahrzeug plattgefahren. Abgetrennte Gliedmaßen sind ebenfalls keine Seltenheit, aber in der Regel kleben die todgefahrenen Kadaver von Molch, Kröte oder Frosch platt auf dem Asphalt und sind am Morgen bei den Kontrollen nur noch schwer auseinanderzuhalten.
Appell an alle: Tempo runter!!!
Die größte Gefahr auf der Straße für Amphibien geht also nicht vom Autoreifen sondern vom erzeugten „Windstoß“ aus, wovon ein und dasselbe Tier auch mehrmals getroffen werden kann. Die Stärke dieses „Windstoßes“ und der damit einhergehende Druck hängen direkt mit der Geschwindigkeit und der Luftverdrängung des Fahrzeuges zusammen. So erzeugt ein LKW wesentlich größere Kräfte als die Kräfte, die ein Personen-KFZ erzeugen könnte. Allerdings ist die Art des Fahrzeugs egal, wenn die Fahrtgeschwindigkeit auf unter 30 Kilometer pro Stunden reduziert werden würde, dann ginge die alleinige Gefahr für die Lurche von den Reifen aus. Doch bedauerlicherweise beachten nur die allerwenigsten die Warnschilder, die die Straße als Krötenwanderweg ausweisen, und reduzieren ihre Geschwindigkeit nicht dementsprechend.
Unmittelbar verworfene Idee
Vielleicht sollte man das rote Warndreieck mit der Kröte drauf zusätzlich mit der Info ergänzen, dass die Intensität des Strömungsdruckes mit steigender Geschwindigkeit zum Quadrat zunimmt, wobei die meisten Ignoranten mit Physik mit Sicherheit noch weniger anfangen können, als mit dem Bild einer Kröte im roten Dreieck und dem damit zusammenhängenden Artenschutz.
Aas macht auch satt
Der einzig positive Aspekt am tragischen Schicksal des verkehrsbedingten Amphibientods ist die Tatsache, dass die Amphibienüberreste Rabenkrähen und Elstern als Zwischensnack dienen. Auf der Straße hockende Krähen dienen zumeist als ein guter Bioindikator dafür, dass es an dieser Stelle etwas Amphibisches zu holen gibt, was den Straßenverkehr nicht überlebt hat.
Die letzten beiden Tage am Amphibienschutzzaun in Günnigfeld waren vor allem nass aber interessant zugleich. Dank der idealen Wetterbedingungen für die amphibischen Klienten war deren Aufkommen nicht nur an den Standorten mit Amphibienschutzzäunen hoch. Auch im Eickeler Park werden die Amphibien zahlreich in Richtung des einzigen Feuchtbiotops gewandert sein und auf ihrem Weg hatten sie einige Gully-Hindernisse zu überwinden. Deshalb steht heute die Nachkontrolle der am 21.02.2020 gesicherten Gullys im Eickeler Volksgarten auf dem Programm. Zu diesem Anlass treffen wir uns vor dem Park Restaurant im Eickeler Park um 12.00 Uhr.
Schon wieder Gullys checken?!
Den Großteil der sicherheitsrelevanten Gullys hatten wir vor rund drei Wochen mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln provisorisch gesichert. Fliegengitter und grüne Gitterfolie sind damals behelfsmäßig zum Einsatz gekommen. Aufgrund der begrenzten Menge an hochwertigem Material war es allerdings nicht möglich, die gesamten Gullys optimal zu entschärfen. Nach den „heißen Tagen mit idealfeuchten Bedingungen“, in denen knapp 50-70% des gesamten Amphibienjahresaufkommens an vielen Zaunstandorten erfasst wurden, ist eine Nachkontrolle ungesicherter Bereiche im Herner Stadtgebiet, wie hier im Eickeler Park, unumgänglich. Deshalb gilt unsere heutige Nachkontrolle genau diesen Entwässerungsschächten und im Laufe des Tages sollte sich zeigen, dass diese Maßnahme zwingend erforderlich ist. Neben der Nachkontrolle war außerdem die systematische Erfassung der Gullysituation ein Nebenziel, das es Heute zu erreichen galt.
Einfahrt zu den Besucherparkplätzen
Kein Handlungsbedarf besteht bei den Gullys an der Einfahrtsstraße in den Eickeler Park. Die ersten Gullys rund um das Park Restaurant sind entweder optimal abgesichert oder mit Laub und Dreck dermaßen verstopft, dass sie keine Gefahrenquelle für die gewanderten Amphibien darstellen konnten. Deshalb belassen wir es in diesem Bereich bei einer visuellen Inspektion, indem wir mit der Taschenlampe hineinleuchten und gucken, ob sich etwas Amphibisches darin bewegt. Danach geht es weiter in Richtung Gewässerbiotop. Je näher wir zum Zielort der Wandernden kommen, desto höher ist logischerweise die Anzahl an Amphibien, die diese Stellen auf ihrem Weg zum Zielort Teich passieren mussten. Diese Logik impliziert auch, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, in ungesicherten oder suboptimal gesicherten Gullys hilfebedürftige Amphibien anzutreffen.
Die Einfahrt in den Park, von der Reichsstraße kommend.
Staubig, aber gerettet…
Im ersten Gully, den wir im direkten Bereich des Gewässerbiotops kontrollieren, zeigt sich die Notwendigkeit der heutigen Maßnahme. An dem kleinen Gully unter dem Rhododendronbusch hatte sich das schwarze Kunststoffgitter auf einer Seite des Gullys gelöst, was dazu führte, dass die Streben des Gullydeckels nicht abgedeckt waren. Nachdem der Gully geöffnet war, guckten uns gleich vier Edkröten an, die in den letzten Tagen in den Gullyschacht hingefallen sind und seitdem darin gefangen waren. Manche Gullys, erzählt mir DD, werden auch von Parkbesuchern unwissend wieder freigeräumt, da diese der Meinung sind, dass der Gully mutwillig verstopft wurde, um eine Überschwemmung zu provozieren. Ein Schild, das auf diese Maßnahme zum Schutz der Amphibien hinweist, wäre möglicherweise ein probates Mittel, um diese Missverständnisse zu vermeiden.
Mit der Nähe zum Biotop steigen die Gullyfunde. Hier sind es vier gerettete Erdkröten.
Jackpot – Full house
Direkt im nächsten Gully unmittelbar am Parkteich befindet sich mit zehn Erdkröten und einem Bergmolch die höchste Anzahl von Amphibien an diesem Nachkontrolltag. Die Erdkröten sitzen zusammengekauert an der Schachtwand. Auch an dieser Stelle hatte sich das umfunktionierte Fliegengitter aus nicht ersichtlichen Gründen gelöst. Es zeigt sich aber wiederholt, dass die Hilfskonstruktion aus Fliegengittern nicht die Ideallösung sein kann. Hier muss in Zukunft unbedingt mit dem Ziel nachgebessert werden, eine langfristige und nachhaltige Lösung zu finden.
Zusammengekauert an der Wand eines Entwässerungsschachts im Eickeler Volksgarten.
Gute Tat zum Quadrat
Meine gute Tat des Tages, einem Anderen die Chance gegeben zu haben, etwas Gutes zu tun. Nachdem sich zwei Parkbesucher interessiert die Szenerie angeguckt hatten, wie wir an den Gullys auf dem Wegesystem im Eickeler Park herumhantierten, hatte ich die Beiden spontan in ein Smalltalk verwickelt, denn Aufklärung und Sensibilisierung gehören ja unter anderem auch zu den offiziellen Aufgaben eines Landschaftswächters.
Das Bergmolch Männchen in seiner farbenfrohen Wassertracht (allerdings auf meiner Hand!)
„Wollen Sie etwas für ihr Kama tun und einem Bergmolch die Freiheit schenken? Das haben wir da eben aus den Gullys geholt“. „Ja klar!“, antwortete sie ein wenig überrumpelt. „Wenn möglich nur nicht aus zu großer Höhe fallen lassen. Am besten wäre es, wenn Sie es ans Ufer absetzen“, erwiedere ich, was Sie darauf dann auch tut, nachdem ich ihr den kleinen Molch in die geöffnete Handfläche gelegt hatte.
Zwischendurch Missionierung
Kurz darauf kommt sie dann nochmal zu uns zurück, um sich zu erkundigen, ob wir das regelmäßig machen und an wen sie sich wenden könnte, um selber auch aktiv zu werden. Nachdem die Infos ausgetauscht sind und eindeutig zu spüren war, dass am Thema ein Interesse bestanden hat, habe ich den Beiden noch die Unmengen an Laichballen im Uferbereich gezeigt, die sie, wie sie sagten, bis dahin noch überhaupt nicht bemerkt hatten.
Fazit: Bürger für den Artenschutz begeistert, mit Parkbesuchern ins Gespräch gekommen, für das Thema sensibilisiert und bei ihnen für einen Aha-Effekt gesorgt – im Sinne Pestalozzis – ganzheitliches Lernen mit Herz, Hand und Verstand. Lernen mit allen Sinnen lässt sich doch eigentlich leicht umsetzen.
Seitenstraße am Altenheim – Zur-Nieden-Straße
Hier gab es ja vor drei Wochen die Unstimmigkeiten mit einer Anwohnerin, die uns untersagt hatte, die Gullys zu vergittern, da dies im letzten Jahr im Straßenbereich nach ihrer Aussage zu Überschwemmungen geführt haben soll. Doch die Gullys an dieser Stelle waren sowieso mit Laub und Dreck übervoll, sodass ohne eingreifen zu müssen, die Möglichkeit gegeben war, dass hineingefallene Amphibien eigenständig herausklettern hätten können.
Sackgasse an der Zur-Nieden-Straße. Die Gullys sind zwar voll, aber Kontrolle ist besser.
Bei den Gullys im vorderen Bereich der Seitenstraßen war uns vor drei Wochen unser Material ausgegangen, sodass sie ungesichert bleiben mussten. Was im Bereich dieser Seitenstraße besonders kritisch ist, denn für wandernde Amphibien besteht eine doppelte Gefährdung, die sich aus den Gullys mit weiten Streben und der hohen Bordsteinkante ergibt. Zudem liegt zwischen dem Ende der Straße und dem Teich im Park lediglich ein Gebüsch und die Entfernung beträgt keine 10 Meter Luftlinie.
Fehlpaarung Grasfrosch mit Kröte
Waren die ersten Gullys noch amphibienlos, verharrte in einem der Nächsten gleich eine ganze Gruppe von Amphibien. Am Boden des Schlitzeimers saß ein Lurch neben dem anderen. Neben den drei Krötendoppeldeckern war auch eine Fehlpaarung dabei. Als Fehlpaarungen bezeichnet man die Paarungsumklammerung zwischen unterschiedlichen Arten. In unserem Fall handelte es sich um ein Erdkrötenmännchen, das ein Grasfroschweibchen umklammerte. Wobei das Erdkrötenmännchen das Froschweibchen mit seinen Hornschwielen der Fingerinnenseiten dermaßen heftig umklammerte, dass sich nach dem Lösen des ungleichen Paars an den Ansätzen der Vorderbeine des Froschweibchens blutunterlaufene Stellen gebildet hatten.
Tragödie unter der Straße. Gleich eine ganze Gruppe kauert am Boden des Schiltzeimers
Die saisonalen Paarungsschwielen die nicht nur bei männlichen Kröten sondern auch bei anderen Froschlurchen zu beobachtet sind, ermöglichen den festen Griff bei der Paarungsumklammerung (Amplexus). Was beim Konkurrenzkampf zur Verteidigung der Pole Position auf dem Weibchen erhebliche Vorteile mit sich bringt, unsere Intervention aber verkompliziert.
Das ungleiche Erdkröten-Grasfrosch-Paar.
So wie beim Todesrad, dass wir am Tag 6 (28.02.2020) im Teich im Landschaftspark Pluto V in Bickern an der Berliner Straße entdeckt hatten, sollte auch im Fall der Fehlbildung „dazwischen gegangen“ werden, da die Paarung von Frosch mit Kröte keinen evolutionären Mehrwert hat und die Chance auf befruchteten Laich ansonsten verloren ist. Doch das Männchen wehrt sich mit all seinen Kräften und es dauert eine Weile bis die Umklammerung mit viel Fingerspitzengefühl gelöst werden kann.
Der perfekte Griff zum Halten von Froschlurchen
Amphibienschutz ist Schwerstarbeit
* Ergänzung für Frau K.: An dieser Stelle sei ausdrücklich auf die Gefahr hingewiesen, die mit einer solchen Aktion verbunden ist. In einen Entwässerungsschacht kopfüber hineinzuklettern, um etwas herauszuholen, sei es ein Schlüssel, ein Handy oder ein Lebewesen ist lebensgefährlich und sollte nur im äußersten Notfall getan werden. Und auch nur dann, wenn mindestens 2 Personen vor Ort sind, sodass eine dieser Personen in einem Notfall Hilfe holen kann. Sollte es im Umfeld des Schachtes massiv nach faulen Eiern riechen, besteht die Gefahr einer Schwefelwasserstoffvergiftung und die Aktion muss unbedingt abgebrochen werden. Besser wäre es natürlich die Profis von der Feuerwehr zu rufen. Auch wenn die oftmals Wichtigeres zu tun hat und euch die Aktion im Anschluss wohlmöglich in Rechnung stellen wird.
Im Gully Nummer 3 auf der Zur-Nieden-Straße war die Situation ein wenig verzwickter. Der Schlitzeimer in dem Gullyschacht war dermaßen mit Laub und Dreck gefüllt, dass das Krötenweibchen, welches hineingefallen war, über die oberen Schlitze, die konstruktionsbedingt größer sind als die seitlichen Schlitze, in den offenen Kanalisationsschacht gelangt war.
* Riskante Rettungsaktion. Nicht nachmachen! Es besteht Lebensgefahr!
Bei einer Schachttiefe von über einem Meter und einem Schachtdurchmesser von 40 Zentimetern war zur Rettung voller Körpereinsatz gefragt. Jedes Leben zählt. Ohne groß nachzudenken zieht sich DD die Jacke aus und klettert selbstlos kopfüber in den Entwässerungsschacht und schafft es schließlich die Krötendame zu bergen. Vor lauter Schrecken dankt die Gerettete es uns mit dem Absondern einer Ladung Urin. Möglicherweise ein Abwehrmechanismus um potentielle Fressfeinde mit einem giftigen Sekret in die Flucht zu schlagen. So sind im Giftcocktail der Erdkröten unter anderem Bufotoxine enthalten, von denen einige Vertreter dem Gift des Fingerhuts (Digitalis) sehr ähnlich sind.
Die Krötenurinlache hat in etwa die Größe einer 2-Euro-Münze.
Inwieweit die ölig-schimmernden Bereiche auf der Flüssigkeitsoberfläche unlösliche Bestandteile des Krötensekrets sind oder irgendwelche Verunreinigungen vom Straßenverkehr kann ich nicht beurteilen. Die Flüssigkeitsmenge auf dem Bild entspricht in etwa der Größe eines 2€-Stücks.
Gullys an der Reichsstraße
Nachdem alle Gullys an der Zur-Nieden-Straße gecheckt waren, ging es ein paar Hundert Meter rüber zur Reichsstraße. Auch hier befinden sich einige Gullys, die in Kombination mit einem viel zu hohen Bordstein für Amphibien besonders gefährlich sind. Wobei die Höchstgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde ganz im Sinne des Amphibienschutzes ist. Trotz der Gegebenheiten mit erhöhtem Gefährdungspotential bleiben die Kontrollen der Gullys entlang der Reichsstraße ergebnislos. Es befinden sich glücklicherweise weder in den Fangkörben noch in den Schächten Amphibien. Auch totgefahren Amphibien sind auf dem ersten Blick nicht zu sehen.
Die Kreuzung Emdund-Weber und Reichsstrasse, der Eickeler Park befindet sich links.
Kellerschächt der Grundschule am Eickeler Park
Die drei Schächte vor der Grundschule am Eickeler Park hatten wir bei unserem Gully-Check vor drei Wochen nicht weiter gesichert. An der Situation in den Schächten hat sich seit dem nichts geändert, sie sind weiterhin voll mit Herbstlaub. Entweder hat der Hausmeister hier an der Schule verdammt viel zu tun, oder er kommt seinen Pflichten nur schleppend nach.
Amphibien mögens feucht
DD stochert mit seiner mitgebrachten Stange im Laub herum und sucht dabei nach Amphibien. Besondere Aufmerksamkeit ist in den feuchten Bereichen gefordert, da Lurche sind hygrophile Lebewesen (Feuchtlufttiere) sind. Als Feuchtlufttiere bezeichnet man Tiere, die nur bei hoher Luftfeuchtigkeit existieren können. Hierzu gehören neben Amphibien auch Schnecken und viele Bodenorganismen. Da sie keinen Schutz vor Verdunstung haben, sind sie auf eine hohe Feuchtigkeit der Umgebungsluft angewiesen. Es dauert nicht lange und DD wird fündig. Genauso wie er erzählt hatte, sitzt ein Doppeldecker eingebuddelt im feuchten Bereich des Laubs. In den beiden anderen Schächten, die nicht unmittelbar am Abflussrohr liegen, befindet sich ausschließlich trockenes Laub, weshalb er die Suche nach einmaligem Durchstöbern zeitnah abbricht, da nicht davon auszugehen ist, dass sich potentiell hingefallene Amphibien eingebuddelt haben.
Ein Erdkrötenpaar aus dem Herbstlaub der Kellerschächte der Grundschule befreit.
Nachkontrolle letzter Akt
Und dann ist es fast geschafft. Nach rund 2,5 Stunden hatte ich auch so langsam irgendwie kein Bock mehr, irgendwelche Entwässerungsschächte zu kontrollieren. Deshalb war ich mehr als froh, als wir zum letzten Standort des Tages gekommen waren. Zu guter Letzt wurden einige Gullys inspiziert, die wir beim ersten Mal vor drei Wochen noch gar nicht kontrolliert hatten. Sie befinden sich direkt vor dem Evangelischen Friedhof Wanne-Süd und sind vom Biotop relativ weit entfernt. DD meint, dass die Molche, die er hier in den Jahren zuvor gefunden haben will, wohlmöglich aus einem Vorgarten mit Teich kommen könnten. Denkbar wäre es auch, dass einige der Amphibien ihr Winterquartier auch im angrenzenden Friedhof haben. Glücklicherweise finden wir in den Gullys in diesem Bereich nichts Amphibisches, womit die heutige Gully-Odyssee endet.
Fazit.
In den letzten drei Wochen nach unseren provisorischen Sicherungsmaßnahmen und vor allem trotz dieser Maßnahmen haben sich heute sage und schreibe 31 Erdkröten, 1 Grasfrosch und 1 Bergmolch in den Entwässerungsschächten rund um das Feuchtbiotop im Eickeler Park befunden. Mit den 4 Erdkröten und dem einen Teichmolch, die bei der Erstkontrolle vor drei Wochen gerettet wurden, haben wir in diesem Amphibienjahr 35 Erdkröten, 1 Grasfrosch, 1 Teichmolch und 1 Bergmolch im Eickeler Volksgarten vor einem qualvollen Gully-Tod bewahren können.
Da die Saison noch lange nicht vorbei ist, müssen wir in diesem Frühjahr mindestens noch ein weiteres Mal zum Gully-Check in den Eickeler Park ausrücken. Einerseits war der heutige Tag ein voller Erfolg, andrerseits hat er aber auch die prekäre Situation für Amphibien an diesem Standort offenbart. Im der städtischen Parkanlage bedarf es unbedingt alsbald einiger Anpassungen der Parkinfrastruktur, die nur in Absprache mit Stadt und NABU realisiert werden können.
Wie und ob in nächster Zeit gehandelt wird, nachdem die Probleme mitgeteilt wurden, wie die Reaktion von Stadt und NABU auf die Problemlage ausfällt, wird sich zeigen. Sobald mir neue Informationen vorliegen, werde ich davon berichten. Allerdings kann das noch ein Weilchen dauern, da wir unsere Forderungen erst nach der diesjährigen Schutzaktion in konzentrierter Form vortragen wollen.
Ende Februar kontaktierte mich X. via Email zwecks Erfahrungsaustauschs. Er engagiert sich schon seit langer Zeit als Landschaftswächter. Sein Spezialgebiet ist die Flora und Fauna auf Mikrobasis, weshalb er am hiesigen Feuchtbiotop im LSG Pluto V regelmäßig Gewässerproben nimmt, bei denen im Labor unter anderem die Konzentrationen von Protozoen (Urtierchen), Daphnia (Wasserflöhe) oder Saprobien (Fäulnisbewohner) ermittelt werden. Über diese Bioindikatoren lassen sich Aussagen zum Zustand eines Gewässers treffen.
Von den meisten der Begrifflichkeiten hatte ich zugegebenermaßen zuvor noch nicht einmal etwas gehört. Besonders spannend war für mich aber die Tatsache, dass man anhand der Daten ohne Kenntnis unserer Amphibienstatistiken, die Hypothese aufstellen konnte, dass vom Sommer 2015 zum Sommer 2016 die Zahlen massiv zurückgegangen sein müssen, was sich nach Abgleich mit unseren Aufzeichnungen bestätigen ließ.
Probleme am Teich im LSG PLTUO V
Die Kommunikation mit X. ergab außerdem, dass es in den letzten Jahren im und am Teich einige Probleme gegeben hat. Neben seiner Tätigkeit als Landschaftswächter ist er gleichzeitig Teichpate des Gewässers im LSG Pluto V, zu dem wir unsere Amphibien vom Schutzzaun bringen. Neben des Monitorings der Wasserqualität, die durch die Bestimmung der Konzentration an Kleinstlebewesen ermittelt wird, kümmert er sich auch um die Teichpflege. Im Rahmen dieser Teichpflege, die vor allem aus dem Grund erfolgt, den Sauerstoffverbrauch im Teich zu reduzieren, ist für Ende April ein Teilrückschnitt des Schilfs geplant gewesen.
Wieso, weshalb, warum, wer nicht fragt bleibt dumm
Auf meine Nachfrage hin, warum man den Termin nicht in die Trockenzeit Anfang Juni verschiebt und die Pflanzen dann samt Wurzeln entfernt, statt sie bei hohem Wasserstand zurückzuschneiden, erklärt er mir, dass dies nicht so einfach möglich sei, da durch das Rausreißen der Wurzeln die sensible Sperrschicht, die aus einer dünnen Lage Lehm besteht, weiter zerstört werden könnte. Zudem ist die Sperrschicht bei Trockenheit rissig und besonders anfällig, weshalb ein Hantieren mit Spaten unbedingt zu vermeiden ist.
Vermutung: Undichte Sperrschicht
Eine Undichtigkeit des Teichs vermutet er unabhängig von der Schilfteilbeseitigung sowieso. Diese Vermutung begründet er mit der Beobachtung, dass die Bereiche auf der hangabwärts gelegenen Teichseite regelmäßig unter Wasser stehen, was daran liegen kann, dass der Wasserdruck aufgrund der topografischen Gegebenheit des Geländes in diese Richtung drückt. Dieser Defekt könnt nach dieser Theorie neben dem aktuellen Klima eine weitere Ursache für das relativ frühe Austrockenen des Teichs im Jahresverlauf der letzten drei Jahre sein.
Bei einer Ortsbegehung in den letzten Tagen bemerkte ich dann, dass sich im direkten Uferbereich seit einigen Jahren ein Baum befindet, was natürlich nur vor dem Hintergrund unserer Konversation relevant ist, weil Bäume gibt es einige im LSG Pluto V. Zudem war der Baum dort schon seit 4-5 Jahren, ist in den letzten Jahren aber ordentlich gewachsen. Und da bei Baumarten grundsätzlich zwischen Flach- und Tiefwurzler unterschieden wird, rückte er in den Fokus meiner Wahrnehmung.
Da ich die Baumart nicht eindeutig bestimmen kann, ist es aktuell nicht möglich zu sagen, ob es sich tatsächlich um einen Tiefwurzler handelt. Sollte das aber der Fall sein, könnte das Wurzelwachstum eine potentielle Erklärung für seine Undichtigkeits-These darstellen, da die Wurzeln die Sperrschicht perforiert haben könnten.
Lösung aller Probleme?!
Inwieweit der Baum zukünftig entfernt werden muss, falls es sich tatsächlich um einen Tiefwurzler handelt oder ob die Hypothese des leckenden Teichs grundlegend falsch war, wird sich zeigen. Ich werde auf jeden Fall an dem Thema dranbleiben, wäre doch genial, wenn man den Baum entfernen und die Sperrschicht mit Lehm wieder schließen könnte, dann wären auch keine Evakuierungsmaßnahmen mehr erforderlich. Naja, schauen wir mal. Sobald sich Neuigkeiten ergeben sollten, werde ich davon berichten.
Nach den regenreichen Tagen der vergangenen zwei Wochen und dem damit einhergehenden erhöhten Amphibienaufkommen, sind viele Gewässer im Stadtgebiet aktuell voll mit Laich. Vor allem der über große Flächen verteilte Laich der Grasfrösche, der von den Weibchen als Ballen abgelaicht wurde, ist an der Wasseroberfläche an vielen Stellen flächendeckend zu erkennen. Der Amphibienlaich hat eine gallertartige Konsistenz, vergleichbar der Konsistenz von Wackelpudding oder einer Qualle. Bei näherer Inspektion lässt sich erkennen, dass die meisten Eier einen schwarzen Kern haben, einige aber auch kernlos sind. Die schwarzen Punkte sind die Larven, bei den kernlosen Eiern handelt es sich um unbefruchtete Eier.
Mehrere Laichballen des Grasfrosches schwimmen gallertartig an der Wasseroberfläche.
Durch den Kontakt mit Wasser quellen die Eier nach dem Ablaichen auf und erreichen ihr Endvolumen, wobei die aufquellende Gallerthülle den kiemenatmenden Larven in der Anfangsphase ihrer Entwicklung als isolierte Kinderstube dient. Bei den Grasfröschen besteht ein Laichballen aus 700 bis 3000 Eiern. Die Anzahl der Laichballen im Teich indiziert indirekt die Anzahl an Grasfroschpärchen in diesem Teich, da jedes Weibchen nur einen Laichballen pro Saison ablaicht. Die langen Laichschnüre der Erdkröten, die in der Regel zwischen den Stängeln der Wasserpflanzen gespannt sind, lassen sich aufgrund des aktuell hohen Wasserstandes dahingegen nur nach intensiver Suche erahnen.
Der Grasfroschlaich ragt teilweise sogar aus dem Wasser heraus.
Im Gegensatz zu den Erdkröten, die ihre Eier unterhalb der Wasseroberfläche befestigt, legt der Grasfrosch seine Eier bevorzugt in flache Bereiche eines Gewässers, da sich diese stärker erwärmen und die Entwicklungsgeschwindigkeit von der Wassertemperatur beeinflusst wird. Allerdings birgt diese Taktik auch Gefahren, nimmt der Wasserspiegel ab, liegt der Laich im Trockenen und stirbt ab. Und genau dies war an einer Stelle am Teich des Eickeler Parks passiert. In den letzten zwei Wochen gab es Tage mit einem Niederschlagvolumen von über 30 Litern pro Quadratmeter, die den Wasserstand im Teich über den Normalfüllstand hinaus anwachsen ließen. Nachdem sich die Regenmengen in den letzten Tagen wieder normalisiert haben, hat der Wasserstand auch aufgrund des anziehenden Vegetationsschubs deutlich abgenommen, was dazu geführt hatte, dass ein kleiner Teil des Laichs trocken lag.
Grasfroschlaich aus der Nähe – die deutlich zu sehen die schwarzen Larven.
Man kann sicherlich verschiedener Meinung sein, inwieweit es bei der Masse an Abertausenden von Laicheiern zwingend erforderlich ist, dass auch geringe Mengen von Laich gerettet werden müssen, indem sie zurück ins Wasser geworfen werden, falls diese im Trockenen liegen. Wenn ich ehrlich bin, dann nehme ich diesen Umstand als evolutionsgewolltes und naturgegebenes Schicksal hin. Denn genau aus diesem Grund produzieren Amphibien übermäßig viel Laich, weil sowieso nicht jedes Ei befruchtet wird und sich auch nicht jedes befruchtete Ei zu einer Kaulquappe weiterbildet. Das ist eben die evolutionäre Strategie der Amphibien im Gegensatz zu die der Säugetiere. Hier zählt Masse statt Klasse.
Didi schaufelt mit den Händen Grasfroschlaich vom trockenen Uferrand ins tiefere Wasser.
Didi sieht das Ganze natürlich etwas anders. Was Kröten betrifft, kennt er keine Kompromisse. Didi ist Kategorie Hardcore Amphibienschützer. Während ich eher rational-sachlich an die Sache herangehe und Lösungen mit langfristiger Wirkung versuche zu finden, betreibt Didi den Amphibienschutz fast schon zwanghaft-spleenig. Und das zeigt sich auch an dieser Situation mehr als deutlich. Während ich den Laich eher Widerwillens mit dem Fuß zurück ins Wasser schiebe und mit dem Resultat mehr als zufrieden bin. Guckt sich Didi kurz darauf die Situation nochmal an, zieht sich die Handschuhe aus und befördert nahezu jedes einzelne Amphibienei akribisch in den Teichbereich mit tieferem Wasser.
Mir ist natürlich auch bewusst, dass die Austrocknungsgefahr nicht die alleinige Gefahrenquelle darstellt, die der Laich auf seiner langen und beschwerlichen Metamorphose bis zum Frosch zu überstehen hat, aber die Amphibien haben es seit mehreren Millionen Jahren genau Dank dieser Strategie geschafft, um zu überleben, dann werden sie es auch trotz des Verlustes von einer Handvoll Laich schaffen. Und sollte es doch eng werden, ist Didi in der Not ja auch noch zur Stelle. Zum Thema Gefahren im und am Teich für Amphibien, wird es demnächst noch einen eigenen Beitrag geben, allerdings befindet sich dieser noch in der Bearbeitung…
Tag 8: Dienstag 10.03.2020 – Zaunkontrolle statt TV-Koma…
Das für gestern Abend (10.03.2020) prognostizierte Wetter hatte Didi und mich aufhorchen lassen. Vorausgesagt waren für den Abend Temperaturen weit über dem Gefrierpunkt und dazu ein leichter Nieselregen, was so ziemlich genau den Idealbedingungen für ein hohes Amphibienaufkommen am Schutzzaun entsprechen würde. Und da in der Glotze sowieso nichts Sehenswertes zu erwarten war, stand schnell fest, dass es raus zum Zaun geht. Allerdings ging es nicht zum Schutzzaun an die Berliner Straße sondern zum Zaun an der Hordeler Heide in Bochum Günnigfeld. In Günnigfeld ist das zahlenmäßige Amphibienaufkommen in etwa um den Faktor 10 höher, als es an der Berliner Straße der Fall ist. Zudem kann der Bereich unterhalb der Tassenbrücken mit dem aufgebauten Zaun nicht optimal gesichert werden, weshalb es nach Didis Meinung erforderlicher war, den dortigen Straßenbereich zu sichern. Also hatten wir uns um 19.00 Uhr dort verabredet.
Auch und vor allem Regen müssen die Fangeimer kontrolliert werden.
Des einen Freud, des anderen Leid
Als ich den ersten Fuß vor die Tür gesetzt hatte, war zugegebenermaßen etwas Überwindung gefordert, um mich trotz Regens auch aufs Rad zu schwingen und loszufahren. Das Wetter entsprach zu 100% den vorherigen Vorhersagen. Keine 10 Minuten später stand ich am Trassenaufgang in Günnigfeld und es konnte losgehen. Während Didi die angrenzenden kleineren Straßen mit seinem Fahrrad abfuhr und die Amphibien von der Straße aufsammelte, lief ich mit der Taschenlampe in der Hand und der Stirnlampe auf dem Kopf den Zaun ab und achtete dabei zudem darauf, dass kein Lurch auf der recht starkbefahrenen Hordeler Heide unterwegs war. Unsere Erwartungen an das Amphibienaufkommen sollten sich im Laufe des Abends erfüllen. Für brauchbare Fotos war wenig Zeit und zudem war es durchgehend am Nieseln, obendrein auch einfach zu dunkel.
Grasfrösche, Erdkröten und Teichmolche wandern in Richtung Laichgewässer.
Zählbares
Am Ende des Kontrollabends hatten wir insgesamt 27 Erdkröten, 12 Grasfrösche, 6 Bergmolche und 5 Teichmolche zusammengesammelt. Und als die Rushhour überstanden war, kam ich doch noch überraschend zu einem Foto, als eine kleine Maus zu Besuch an den Zaun kam. Unerwartet war die Situation vor allem, weil sie seelenruhig im Licht meiner Lampe sitzen blieb und sich irgendeine Larve wegknabberte, aber überhaupt keinen Grund sah, sich panisch aus dem Staub zu machen.
Unerwarteter Besuch am Amphibienschutzzaun.
Erkenntnis des Tages
Grasfrösche sind wesentlich agiler und flinker als es Erdkröten sind. Während Erdkröten ihr Schicksal der temporären Gefangenschaft unmittelbar annehmen, versuchen Grasfrösche alles, um irgendwie doch noch zu entwischen. Und Grasfrösche können bei Regen ganz schön flutschig sein, wenn man nur eine Hand zum Fangen frei hat und sie nicht beim ersten Griff sicher festhält.
Wie in den vorherigen Beiträgen zu erfahren war, mussten wir während des diesjährigen Aufbaus feststellen, dass knapp 30 Meter Schutzzaun und 5 Fangeimer fehlten und es uns so nicht möglich war, den kompletten Straßenbereich an der Berliner Straße abzuzäunen. Nach Anfrage bei der Unteren Umweltbehörde stand auch fest, dass es in diesem Jahr keine Möglichkeit geben wird, neues Material zu erhalten, da das Materiallager leer ist. Zudem soll es dem BUND nach Aussage von Herrn P. als Verein erst nächstes Jahr wieder möglich sein, über die Verbandsebene neues Amphibienschutz-Material beantragen zu können. Und erst nachdem das geschehen ist, könnten wir unser Equipment mit dem neuen Material ergänzen. Hilft uns in diesem Jahr nicht weiter. Aufgrund der Problemlage galt es, sich wegen des unmittelbar bevorstehenden und teilweise schon erfolgten Wanderstartes zeitnah eine alternative Lösung einfallen zu lassen.
„Zaunschaden“ beim Amphibienschutz-Projekt 2020 nach dem Sturmtief Sabine.
Sturmtiefs wirbeln Zeitplan durcheinander
Aus diesem Grund treffe ich mich erneut mit Didi an der Brücke der Berliner Straße im LSG Pluto V. In den letzten Tagen hat es sich von den Temperaturen her wieder deutlich abgekühlt, weshalb die Amphibienzahlen am Zaun aktuell wieder stagnieren. Dennoch soll heute endlich das Zaun-Provisorium errichtet werden. Nachdem sich in den vergangenen Wochen wiederholt irgendwelche Sturmtiefs über NRW ausgetobt haben, soll es an diesem Wochenende zwar auch nicht wirklich windstill bleiben, doch die angegebenen Windgeschwindigkeiten von 45-60 km/h sind kein Grund, sich erneut von diesem Vorhaben abhalten zu lassen. Neben dem Aufbau des provisorischen Zauns steht ein weiteres Tagesziel auf unserer heutigen Aufgabenliste, das sich aufgrund einiger Beobachtungen der letzten Tage ergeben hat, und zwar sollen Löcher in die Böden der Fangeimer gemacht werden.
1.) Modifizierung der Fangeimer
Deshalb beginnen wir direkt an der L639-Brücke damit, die Löcher in die Eimer zu bohren. Aufgrund der kühlen Nachttemperatur um den Gefrierpunkt herum hatten wir heute Morgen auf die morgendliche Eimerkontrolle verzichtet, da mit wandernden Amphibien erfahrungsgemäß nicht zu rechnen war. Beim Ausleeren der Eimer zeigt sich, warum die geplante Maßnahme zwingend erforderlich ist. Die Eimer sind gut mit Regenwasser gefüllt. Schon in der Vergangenheit fiel des Öfteren auf, dass der Füllstand in den Fangeimer vor allem nach stärkeren Regennächten bedenklich angestiegen war. Diese Erkenntnis ist für Amphibien eigentlich irrelevant, bringt für andere Tiere dennoch einige Risiken mit sich.
a) zum Schutz von Regenwürmern & Insekten
Denn mit dem Regen kommen auch vermehrt Regenwürmer an die Oberfläche, da ihre unterirdischen Gänge mit Wasser zulaufen. An der Oberfläche angekommen, kriechen die Würmer entlang des umgeschlagenen Kunststoffzauns und landen zwangsläufig in einen der Fangeimer. An manchen Tagen mit nächtlichem Starkregen lassen sich morgens bei der Kontrolle bis zu einer Handvoll Regenwürmer aus den Eimern kippen. Löcher im Eimerboden, die ein Ablaufen ermöglichen, könnte ein probates Mittel sein, um hierbei Abhilfe schaffen.
Regenwürmer, die den Fangeimer nach einer regenreichen Nacht verlassen durften.
Bodenbeschaffenheit als Ausrede
Bisher hatten wir auf diese Maßnahme zur Risikominimierung verzichtet, da der Untergrund auf der Böschungskante am Standort des Zauns aus verdichtetem Schotter besteht, der das Regenwasser nur bedingt abfließen lässt. Die Bodenproblematik besteht deshalb, weil die Böschung im Rahmen der Straßenbaumaßnahme (L639) künstlich angelegt wurde. Die gestiegene Anzahl an Regenwürmern veranlasste uns aber jetzt trotz bekannter Problematik die Lösung mit den Löchern als Ablaufhilfe auszuprobieren. Beim Durchlöchern der Eimerböden ist unbedingt darauf zu achten, dass der Lochdurchmesser nicht zu groß gewählt wird, da die schmalen Molche sonst entwischen könnten. Der Bohrer mit der Stärke 8 erscheint uns hierfür ideal zu sein.
Einsatz schwerer Maschinen bei der Modifikation der Fangeimer.
b) Zum Schutz von Mäuse
Neben den Ablauflöchern haben wir die Eimer zusätzlich mit abgesägten Baumkeilen aus dem Birkenhain bestückt, die ich am Tag zuvor bei meiner Laufrunde durch das LSG Pluto V entdeckt hatte, denn es landen nicht nur Insekten und Würmer unbeabsichtigt in den Eimern. Es kommt auch vor, dass sich Mäuse darin verirren. Die Holzkeile sollen helfen Spitz- und Wühlmäuse, die bisher als „Beifang“ im Eimer beobachtet wurden, vor allem wenn es mal wirklich stark regnen sollte, vor dem Ertrinken zu bewahren. Glücklicherweise sind solche Starkregenereignisse eher selten, aber die letzten Tage haben gezeigt, dass sie durchaus vorkommen. Sonntag war einer dieser Tage an dem im Tagesverlauf nach dem Online-Wetterdienst Wetter.com stolze 38 Liter zusammengekommen sein sollen.
Das halbe Zaunprovisorium steht, ein Ende ist in Sicht.
Die Gefahr von oben – Sintflutartiger Starkregen
Am Morgen nach dieser regenreichen Nacht hatte Didi bei der Zaunkontrolle die traurige Beobachtung machen müssen, dass sich gleich 2 Spitzmäuse und eine Wühlmaus, „die mit dem kürzeren Schwanz“, tot in den Eimern befunden hatten. Was für uns ein Grund war, auch für dieses Problem zeitnah eine Lösung herbeizuführen. Da es an dem Tag gleichzeitig auch recht kühl war, lässt sich drüber diskutieren, ob die Nager im Eimer aufgrund des Wassers ertrunken sind oder weil sie unterkühlt und verhungert waren. Denkbar wäre auch die Erklärung einer erhöhten Stoffwechselrate aufgrund des akuten Stresses, möglicherweise Herzversagen aufgrund des plötzlichen Sturzes in das kalte Wasser.
Die Lösung – ein dreistufiger Notfallplan
Bisher hatten wir lediglich Stöcke als Kletterhilfen in die Eimer gelegt. Da sich in den Eimern mit den Totfunden die Stöcke befunden hatten, würde das die Vermutung des Ertrinkens eigentlich entkräften. Da wir aber weder das eine noch das andere wirklich auszuschließen können, versuchen wir das Risiko mit verschiedenen Lösungsansätzen zu minimieren. Heißt also zur Risikominimierung des Ertrinkens machen wir (1.) Ablauflöcher in die Eimerböden, (2.) bieten Kletterhilfen in Form von Stöcken für Mäuse an und (3.) packen in die Eimer als Backup schwimmende Rettungsinseln aus Holz, wenn der Wasserstand aufgrund der Bodenproblematik des Standortes doch übermäßig ansteigen sollte.
Kletterhilfe, Schwimminsel und im Bild nicht zu erkennen, sind die Löcher im Eimerboden.
Bodenanker enttarnt sich als ideales Werkzeug
Das Bohren der Bodenlöcher an sich wäre eigentlich eine recht entspannte Aufgabe, da ich aber den Akku vorher nicht am Netzteil angeschlossen hatte, kommen wir nur bis Eimer 12, die restlichen 13 Eimer müssen vorerst warten. Zum Glück fällt mir relativ zeitnah ein, dass wir auch die Bodenanker zum Löchern der Plastikeimer verwenden könnten. Die Bodenanker für den Zaunbau haben eine massive Spitze und weisen einen vergleichbar großen Stangendurchmesser auf. Im Nachhinein haben sich die Bodenanker als ideales Werkzeug erwiesen, um die Löcher in den Eimerboden zu bekommen. Den Akkubohrer hätte es heute nicht wirklich gebraucht. Naja, Versuch macht „kluch“…
Die Bodenanker kristallieren sich als ideales Stanzwerkzeug heraus.
2.) Aufbau Provisorium – was lange währt, wird…
Die gewebeverstärkte PVC-Plane hat etwa eine Größe von 2m x 5 m, was bedeuten würde, dass wenn wir sie in 4 längliche Streifen zerschneiden würden, wir 4 Zaunelemente mit einer Höhe von 50 cm und einer Länge von 5 Metern hätten, was einen zusätzlich abgezäunten Bereich von rund 20 Metern der insgesamt noch fehlenden 30 Meter bedeutet. Und aufgrund des Fehlens von weiterem geeigneten Material müssten die hintern zehn Meter ungesichert bleiben. Aber die letzten Jahre hatten sowieso gezeigt, dass der hintere Bereich eher geringer von Amphibien frequentiert wird, von daher ist diese Entscheidung vertretbar.
Die Plane ist zerschnitten, jetzt folgt der Aufbau nach bekanntem Schema.
Nicht lange schnacken, machen!
Nach den ganzen theoretischen Überlegungen wurde praktisch. Zunächst haben wir die Plane akkurat in etwa so wie beim Zusammenlegen eines Bettlakens zusammengefaltet und dann entlang der Kanten mit der Schere geschnitten. Blöderweise befinden sich danach nicht an allen zugeschnittenen Stücken der Plane auch Ösen und erst recht nicht an den richtigen Stelle, um sie an Bodenankern zu befestigen. Aber mit ein wenig Improvisationstalent gelingt es uns, auch mit den vorhandenen Mitteln eine vertretbare Lösung zu finden. Der Aufbau des Provisoriums ähnelt grundsätzlich dem Aufbau des Originalzauns. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass der Zaun keine Spannleine hat, um ihn abschließend in Position zu bringen, aber durch mit Hilfe von Steinen und Stöcken lässt sich schließlich auch dieses Problemchen lösen.
Das Zaunprovisorium steht auf der Böschungskante der L639 im LSG Pluto V.
Tagesfazit:
Wir konnten heute in gut 3 weiteren Stunden und mit unseren beschränkten materiellen Möglichkeiten rund 20 Meter der Böschungskante absichern. Der Zaun reicht bis hinter den Eingang in den Landschaftspark Pluto V. Die restlichen 10 Meter, die jetzt noch immer fehlen, um die Stelle auf der Böschungskante zu erreichen, bis zu der wir den Zaun in den Vorjahren aufgebaut hatten, sind und bleiben offen. „Mut zur Lücke“ wie Didi es nennt!
Die 20 Meter Zusatzzaun aus Plane + m Extrameter-Schutz durch einen Leitpfosten.
Unsere Erfahrungswerte der zurückliegenden Jahre haben aber auch gezeigt, dass im hinteren Bereich des Zauns die Anzahl an gefundenen Exemplaren deutlich abnimmt. Während der Zaunabschnitt mit der höchsten Amphibiendicht in unmittelbarer Nähe zur Eisenbahnbrücke über die L639 liegt. Die Aufschüttung aus weicher Erde links und rechts direkt an der Brücke sowie ein mit groben Steinen geschotterter Gleisbett sowie der obere Schienendamm scheinen ideale Winterquartiere für die Amphibien zu sein.
Das ist der Bahndamm in direkter Umgebung zum Amphibienschutzzaun – ideale Bedingungen zum Winterquartier. Lockerer Boden und aufgrund des Totholzes viele Höhlräume.
Tag 6: Freitag 28.02.2020 – Tödlicher Liebesrausch…
Beim Rundgang um das Gewässer wird deutlich, dass der Frühling unaufhaltsam vor der Tür steht. Das Wachstum der Wasserpflanzen hat in den letzten Tagen erheblich zugenommen. Große Bereiche an und unter der Wasseroberfläche des Feuchtbiotops sind frischgrün. Zudem scheint es so, als würde das Wasser sprudeln. An den Algen befinden sich Unmengen von kleinen Gasbläschen. Diese Gasbläschen, die von den Wasserpflanzen ins Wasser abgeben werden, sind das Nebenprodukt der Fotosynthese. Denn jedes Kind weiss, dass beim Prozess der Fotosynthese Pflanzen mit Hilfe des in ihnen enthaltenen Chlorophylls und unter Sonneneinstrahung Kohlendioxid und Wasser in Glukose und Sauerstoff umwandeln. Die dabei entstehende energiereiche Glukose wird unter anderem zum Pflanzenwachstum benötigt und der Sauerstoff als Abfallprodukt ins Wasser abgegeben. Doch außer dem zu beobachtenden Vegetationsschub ist im Teich aktuell noch nicht viel los. Von den wenigen Amphibien, die wir bisher in dieser noch jungen Wandersaison hierher gebracht haben, können wir keine entdecken. Für Libellen ist es sowieso noch zu früh im Jahr.
Massives Algenwachstum und aufsteigende Gasbläsche, der Frühling naht.
Dann erblicke ich im nahen Uferbereich doch noch etwas Amphibisches. Verschwommen durch das Wasser lässt sich ein Kröten-Doppeldecker sehen. Allerdings fällt mir sofort die atypische Form des Doppeldeckers auf. Es macht den Anschein als würden es nicht wie normal 2 sondern 3 Kröten sein, die sich in der typischen Paarungsumklammerung befinden. Nachdem sich Didi die Situation auch nochmal angeguckt hat, sind wir uns einig, es ist ein so genanntes Todesrad. Bei einem Todesrad klammern sich mehrere Krötenmännchen an ein Krötenweibchen. Didi erzählt mir davon, dass er in der Vergangenheit schon Todesräder mit über 6 Tieren beobachten konnte.
Unförmiger Kröten-Doppelpack im Feuchtbiotop an der Berliner Strasse im LSG Pluto V.
Zufall, Schicksal oder Fügung?
Erst in einer der Mails aus der Vorwoche erwähnte Didi noch, dass er derzeit gezielt im Teich auf dieses Phänomen besonders achtet. Als Todesräder bezeichnet er das Resultat, das durch das Fehlverhalten der hormongesteuerten Krötenmännchen bei der Paarung auftritt. Das Problem bei diesen so genannten Todesrädern ist, dass das Weibchen ab einer gewissen Last von Männchen so schwer beladen ist, dass es nicht mehr in der Lage ist, zum Lufthohlen an die Wasseroberfläche zu gelangen und ertrinken kann.
Wenn immer Didi ein solches Todesrad beobachtet, versucht er mit einen langen Stock die umklammerten Kröten ans Ufer zu holen. Dann nimmt er das „Krötenbündel“ in die Hand, um es „behutsam auseinander zu zuppeln“, indem er vorsichtig mit dem Zeigefinger zwischen die Krötenköper geht. Dieser Trennvorgang erfordert ein bisschen Fingerspitzengefühl, um dem Männchen nicht die Vorderbeine zu brechen. Nach seiner Meinung sollte man hierbei, „genauso wie bei Fehlpaarungen zwischen Grasfrosch und Erdkröte oder umgekehrt, ruhig in die Natur eingreifen“. Denn täte man dies nicht, „laicht das Weibchen ab und der Laich ist dahin“, da der Befruchtungsversuch erfolglos bliebe.
Schwer zu erkennen, aber in diesem Knubbel sind tatsächlich 3 Kröten.
Schnell ist klar, dass man aufgrund der potentiellen Gefahr im Sinne des Naturschuzes engreifen sollten. Deshalb „opfere“ ich mich, ziehe mir Schuh und Socken am rechten Fuß aus und steige ins arschkalte Wasser. Glücklicherweise befindet sich das Krötengebilde nur einen Schritt vom Ufer weg, sodass es bei dem einen Schritt bleiben kann. Jeder weitere Schritt hätte außerdem mein hochgekrempeltes Hosenbein erreicht, da das Wasser doch tiefer war, als es von Außen ausgesehen hatte. Die geringe Wassertemperatur sorgt dafür, dass das Trio keinen Fluchtversuch startet. Nach einem beherzten Griff ins kühle Nass habe ich sie in der Hand.
Die Kälte steigt langsam mein Bein hinauf, deshalb gebe ich sie direkt an Didi weiter und zieh mir schnellstmöglich den Socken, dann den Schuh wieder an. Und dann musste ich schnell sein, denn von diesem Szenario wollte ich unbedingt ein Bild für den Blog haben, weshalb ich meine Cam aus dem Rucksack packe und ein einige Bilder festhalten kann. Während Didi das Krötenknubbel für die Cam präsentiert, löst sich das obere der Männchen von selbst und er hält schließlich einen Doppeldecker und ein Solomännchen in den Händen.
Das gelöste Todesrad – aus drei mach zwei plus eins.
Didi erzählt mir außerdem, dass er auch schon Todesräder gesehen hat, bei dem unterschiedliche Arten in einer Paarungsumklammerung waren. Erdkröte mit Grasfrosch oder Kreuzkröte mit Erdkröte. Solche Paarungsversuche empfiehlt er ebenfalls zu lösen, da sie ohne Aussicht auf Befruchtungserfolg wären. Beim Lösen des Todesrades ist Fingerspitzengefühl gefragt, da sonst die Beine des kleineren Männchens, die sich um den Körper des Doppeldeckers klammen, filigran gebaut sind und leicht brechen können.
Spekulationen ins Blaue hinein:
Welchen biologischen Zweck könnte dieses teilweise tödliche Verhalten erfüllen? Worin liegt der evolutionäre Vorteil? Warum hat „die Natur“ davon?
eine Vermutung ist, dass es zum Todesrad vor allem dann kommt, wenn ein kleines und schwaches Männchen auf einem Weibchen sitzt und es nicht in der Lage ist mit seinen Hinterbeinen weitere lästige Konkurrenten abzuwehren. Schutzmechanismus zur Vermeidung der Weitergabe schwacher Gene?!
unsere Datenlagen vom Zaun spricht auch dafür, dass das Verhältnis von Männchen zu Weibchen bei ungefähr 3:1 liegt, was zwangsläufig dazu führt, dass viele Männchen kein Weibchen abbekommen und vielleicht so versuchen doch noch zum Erfolg zukommen. „Todesrad als Reaktion auf eine Art von Torschusspanik“
Taktik/ Strategie um zumindest einen Teil der Laichschnüre befruchten zu können
Anderer Erklärungsansatz – Liebe macht blind – Hormoncocktail der triebgesteuerten Männchen führt über einen Wahrnehmungsverlust zum gezeigten Fehlverhalten.
Tag 5: Freitag 21.02.2020 – Planänderung Dank Julia…
Planänderung – da sich an diesem Wochenende wieder verstärkt Wind für NRW angekündigt hat, nach Sabine und Victoria wird dieses Mal Julia erwartet, verzichten wir heute auf den Aufbau des Alternativzauns, was vor allem damit zu begründen ist, dass die Plastikfolie weniger windbeständig ist, als es das Original-Kunststoffgeflecht gewesen wäre. Denn nachdem wir das angelieferte Material des Schutzzauns in diesem Jahr verbaut hatten, mussten wir überrascht feststellen, dass der gelieferte Zaun nicht ausreicht, um den kompletten Bereich abzuzäunen.
Unerklärlicher Materialschwund
In den Vorjahren hatten wir vom grünen Zaungeflecht immer mehr als nötig, doch in diesem Jahr fehlen knapp 30 Meter Zaun und 5 Eimer. Auch Herr X. von der Unteren Umweltbehörde der Stadt Herne hat dafür keine Erklärung. Doch auch aus dem Zentrallager war kein Restzaun mehr aufzutreiben. Fünf Eimer aus dem Bestand hatte er uns im Laufe der letzten Woche noch nachträglich an den Zaun bringen lassen können. Das eigentliche Problem ist, dass das neue Zaunmaterial nicht in der Kürze der Zeit nachzubestellen ist, da die Bestellung wohl über die Verbandsebene des BUND zu erfolgen hat. Somit wäre es erst wieder möglich neues Material im nächsten Jahr zuordern. Bedeutet für Didi und mich, dass wir uns zeitnah eine Alternative einfallen lassen mussten. Unsere Lösung sieht es jetzt vor, das Kunststoffgeflecht durch normale Plastikfolie zu ersetzen, was Nachteile hinsichtlich von Windbeständigkeit und Nachhaltigkeit mit sich bringt.
Zu tun gibt es immer was
Aber es ist nicht so, dass es nicht noch andere Arbeiten zum Schutz der heimischen Amphibien zu erledigen gäbe. So will mir Kröten-Didi unbedingt noch die Amphibien-Hotspots zeigen, die er in den zurückliegenden Jahren entdeckt hat. Dazu treffen wir uns um 12.00 Uhr am Parkrestaurant im Eickeler Volkspark, denn hier soll sich einer dieser Hotspots befinden. Ich bin schon etwas früher am Start und nutze die Zeit, um ein paar Fotos aus dem Park für den Blog zu machen, um die Seite damit zu ergänzen. Währendessen lässt Didi mich per WhatsApp wissen, dass er etwas verspätet zum Treffpunkt kommen wird. Als ich ihn dann sehe, erklärt sich mir seine Verspätung ohne Worte. Denn sein Fahrrad ist mit allerlei Material beladen, das in einer großen roten Einkaufstasche an seinem Lenker schaukelt.
Schon in den zurückliegenden Jahren wollte er mir ständig die relevanten Gullys zeigen, aus denen er schon seit seiner Jugend immer zahlreiche Amphibien retten konnte, allerdings hielt sich mein Interesse in Grenzen. Seine entdeckten Hotspots befinden sich ohne Ausnahme konzentrisch um das einzige Feuchtbiotop im Eickeler Volksgarten verteilt
1.) Gullys im Bereich der Einfahrt zum Restaurant
Für die ersten Gullys müssen wir gar nicht weit in den Park gehen. Sie befinden sich im Bereich des Parkplatzes unmittelbar an der Zufahrt zum Cafe und Restaurant. Hierbei handelt es sich um herkömmliche Straßengullys. Wobei zu diesem Zeitpunkt für mich Gullys einfach nur Gullys sind, was sich im weiteren Verlauf der Ortsbegehung aber noch ändern soll.
Einfahrt zum Cafe und Restaurant im Eickeler Park; Blick in Richtung Reichsstraße.
Didi erklärt mir, dass an vielen Stellen im Park, so wie es auch an einigen Abschnitten an dieser Straße der Fall ist, nicht die Gullys das alleinige Problem sind, sondern Gullys mit weitauseinanderliegenden Streben in Kombination mit zu hohen Bordsteinkanten, die von den Amphibien nicht überwunden werden können und die Lurche zudem in die Richtung der tödlichen Falle leiten.
Bei unseren Kontrollen stellen wir außerdem häufig fest, dass viele der Gullys massiv mit Laub befüllt sind, was nach Didi aber durchaus von Vorteil sein kann, aber auch nur dann wenn die Gullys randvoll gefüllt sind. Da es randvoll unmöglich ist, dass ein Lurch hineinfallen kann. Ein halbvoll gefüllter Abwasserschacht erschwert dahingegen die visuelle Kontrolle erheblich, weil sich die Amphibien im Laub verstecken und nur schwer zu erkennen sind.
Bei den eingesetzten Schlitzeimern, die zumeist eine korrosionsbeständiger Verzinkung aufweisen, ist die Problemlage eine andere. Diese Einsätze haben die Form eines hohen Eimers und sind mit seitlichen Schlitzen ausgestattet, sodass das vom Regenwasser mitgeführte Gemisch aus Schmutz und Laub auffangen wird und nicht in den Kanalisationsschacht fällt. Mit zunehmenden Füllstand dieser Schmutz- und Laubfänger mit Laub, Schmutz und sonstigem Müll steigt die Gefahr, dass Amphibien, die in den Gullyschacht gefallen sind, über die Schlitze in die offene Kanalisation gelangen, was eine potentielle Rettung unmöglich macht und den sicheren Tod bedeuten würde. Ausstieghilfen wären für diese Problemsituation eine probate Lösungsmöglichkeit.
2.) Gullys direkt am Feuchtbiotop
Die 5 kleinen Gullys auf den Parkwegen unmittelbar am Feuchtbiotop scheinen die größte Gefahr für die Amphibien auszustrahlen. Hierbei handelt es sich im Gegensatz zu den Gullys, die im Straßenverkehr verbaut sind, um recht kleine Gullys mit schmalem Strebenabstand, was die Gefahr eigentlich reduzieren sollte. Doch aufgrund der Nähe zum Laichgebiet stellen genau diese Gullys nach Didis Expertenmeinung die Gullys dar, aus denen er jedes Jahr die meisten Amphibien retten musste. Wenn man außerdem dann noch bedenkt, dass die Jungkröten und -molche um ein Vielfaches kleiner sind als die ausgewachsenen Exemplare, unterstreicht dies den akuten Handlungsbedarf.
Bis zu diesem Standort hatten wir allerdings nur Laub und Schmutz aus den Fangkörben der Entwässerungsschächte befreit. Und ich hatte schon langsam das Gefühl, dass Didi die Situation ein wenig dramatisiert haben könnte. Doch der Anfangsverdacht verflog unmittelbar nachdem er aus dem einen Gully gleich 4 Erdkröten herausholte. Was direkt auffiel, dass sich die Kröten augenscheinlich in einem sehr schlechten Zustand befunden hatten. Sie schienen total abgemagert und teilweise auch ausgetrocknet zu sein. Dem Zustand nach zu urteilen, müssen die Tiere schon eine ganze Weile in der aussichtslosen Situation verbracht haben.
Motivierende Zwischendurch-Begegnungen
Während ich die vier Erdkröten ans Ufer des Feuchtbiotops bringe, kommt eine Joggerin vorbei gelaufen. Sie bleibt stehen, nimmt ihre Kopfhöhrer ab und fragte Didi, was wir da genau machen würden. Worauf er ihr die Situation ausführlichst erklärt. Die Dame hört ihm interessiert zu und noch bevor sie sich die Kopfhörer wieder aufsetzt und davon läuft, bedankt sie sich bei uns für unser Engagement. Entgegengebrachten Dank hört man doch immer gerne, besonders dann wenn er ernst gemeint ist. Auch die unmittelbar darauf folgende Begegnung mit einer Hundebesitzerin, die uns von sich aus erzählte, dass sie mit ihrem Mann auch jedes Jahr die Kröten hier herbringt, die sie auf der Straße beim Weg hierhin findet, gehört zu den netten Begegnungen an diesem Tag.
Mein Fund des Tages
Im Schacht vom allerletzten Gully am Feuchtbiotop, der in der Kurve hinter dem Feuchtbiotop liegt, finden wir einen weiteren Lurch. Direkt macht sich Erleichterung breit, denn es ist ein Teichmolchweibchen und damit der erste Molch, den wir in dieser Saison überhaupt zu Gesicht bekommen haben. Nachdem an den vorherigen Tagen noch kein einziger Molch in einen der Fangeimer am Schutzzaun beobachtet werden konnte, hatten wir uns fast schon Sorgen gemacht, dabei scheint mit den Molchen doch alles normal zu sein. (Randbemerkung: Mittlerweile sind auch die ersten Teichmolche am Zaun an der Berliner Straße gesichtet worden.) Zur Feier des Tages an dieser Stelle ein treffendes Zitat: „Alles nimmt ein gutes Ende für den, der warten kann“. (Leo Tolstoi).
3.) Gullys Seitenstraße am Altenheim
An der kleine Seitenstraße am Altenheim kontrollieren wir 6 weitere Standard-Gullys und machen dabei Bekanntschaft mit einer eher unfreundlichen Anwohnerin, die uns fast schon patzig auffordert, die Gullys ja nicht abzugittern, weil dies im letzten Jahr ihrer Ansicht nache in den Bereichen der Straße zu erheblichen Überschwemmungen geführt haben soll. Wir gucken uns nur gegenseitig an, wünschen einen schönen Tag und ziehen unverrichteter Dinge weiter. Didis Expertenblick ist nämlich nicht entgangen, dass beide Gullys randvoll mit Laub gefüllt waren und deshalb sowieso keine Gefahr für die Amphibien besteht. Der Klügere gibt nach, der mit offenen Augen durchs Leben läuft auch, oder wie war das?! Glücklicherweise zeigen die meisten Bürger mehr Verständnis und viele von ihnen bedanken sich für das aufgebrachte Engagement, so wie die Joggerin kurz zuvor gezeigt hat.
4.) Gullys an der Reichstraße vor der Grundschule
Nach dem kurzen Zwischenfall geht es weiter im Programm. Als nächstes geht es zur Reichsstraße. Die 6 Gullys im oberen Bereich der Reichsstraße unmittelbar vor der Grundschule am Eickeler Park sind wieder von der Kategorie doppeltgefährlich, da sie in Kombination mit einer durchgehend hohen Bordsteinkante auftreten. Da das grüne Kunststoffgitter mittlerweile ausgegangen war, bleibt es bei der obligatorischen Kontrolle mit Stockstochern im Laub.
5.) Lichtschächte an der Grundschule
Nicht nur Gullys stellen eine Gefahrenquelle für die wandernden Amphibien dar. Auch vergitterte Kellerschächte wie beispielsweise direkt an der Grundschule am Eickeler Park, die zum Großteil mit Laub überfüllt sind, können zu Todesfallen für die Amphibien werden. Die Blätter bieten den Tieren zwar Versteckmöglichkeiten, die bringen ihnen aber nichts, da sie alleine nicht mehr aus dem Schacht herauskommen und darüber hinaus eine schnelle Rettung nahezu unmöglich machen. Didi sucht sich zum wiederholten Male an diesem Tag einen Stock aus dem Gebüsch und stochert auf der Suche nach Amphibien eine Weile im Laub herum, findet diesmal aber nichts Amphibisches. Eventuell könnte man im nächsten Jahr Kontakt zum Hausmeister der Schule aufnehmen, um ihn zu bitten, die Schächte früher vom Laub zu befreien. Vielleicht wäre es zusätzlich sogar möglich, Ausstiegshilfen zu installieren.
Fazit des heutigen Einsatzes:
Wenn ich eins von diesem Tag an der „Krötenfront“ mitnehmen, dann die Erkenntnis, dass Gully nicht gleich Gully ist. Bei den diversen Bauweisen und Ausstattungen wird es schwierig nur mit einer Lösung alle Gullys zu entschärfen. Ich glaube, man müsste sich nach der Amphibiensaison nochmal zusammensetzten, um das Problem Gully systematisch anzugehen und langfristig zu beseitigen.
Tagesausbeute: Vier Erdkröten und ein Teichmolch konnten gerettet werden und mindestens ein Dutzend Abwasserkanäle wurden kontrolliert, teilweise geleert und mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln gesichert. Darüber hinaus habe ich heute eine neue Facette des Amphibienschutzes kennengelernt. Allerdings ist mir schnell klar geworden, dass ich auf diese Arbeiten keine große Lust habe. Vor allem dann nicht, wenn keine langfristigen Lösungen gefunden werden, obwohl es sie gibt und ich jedes Jahr aufs Neue die Gullys checken und präparieren soll.
Doch wenn ich eins von meiner Bundeswehrzeit überdauernd mitgenommen haben, dann die Verhaltensmaxime, dass Meldung frei von Verantwortung macht. Deshalb werde ich versuchen den BUND und die Untere Umweltbehörde mit ins Boot zu holen und sie von den baulichen Mängeln und der damit zusammenhängenden Gefahr für die Amphibien unterrichten. Neben der Verantwortungsübertragung werde ich gleichzeitig einige Vorschläge unterbreiten, die zu einer langfristigen Verbesserung der Situation beitragen könnten.
Die alljährlich zu erfolgende Gullyreinigung durch den Bereich Stadtgrün sollte idealerweise zeitlich an den Beginn der Wanderung (Anfang Februar) verschoben werden. Koordinierung mit dem Grünflächenamt nötig.
Langfristig ist über bauliche Lösungen nachzudenken – beispielsweise in Form von Ausstieghilfen (Netz/Lochplatte): in Absprache mit BUND und Untere Umweltbehörde der Stadt Herne. Zuvor ist eine systematische Ortsbegehung mit Bestandaufnahme ratsam.
Vor allem die Gullys im direkten Biotopumfeld sollten durch amphibienfreundliche Varianten mit engeren Streben ausgetauscht werden oder mit langfristigen Lösung gesichert werden. Idealerweise zum Zeitpunkt, wenn die Schächte sowieso gereinigt werden, was wieder die enge Koordination mit dem Grünflächenamt erfordern würde.
Den Bordstein an den kritischen Stellen abzusenken, wo es möglich und nötig ist, damit ihn die Amphibien überklettern können. Denkbar wären hierbei auch Keile als Rampen.
Klar ist mir natürlich auch, dass einige dieser Maßnahmen mit finanziellen und personellen Mehrkosten verbunden sind und durch die Verantwortlichen deshalb abgewogen werden muss, ob es zwingend erforderlich ist, Populationen der „Allerweltsarten“ (Erdkröte & Teichmolch) an jeder Stelle im Stadtgebiet mit maximalem Einsatz zu schützen. Für die Amphibien wäre es natürlich ideal, aber eine leere Stadtkasse erfordert nunmal die Priorisierung von Vorhaben, was oft mit Abstrichen für wichtige Ressorts (Umwelt und Soziales) einhergeht.