Von der Jungraupe (L1) bis zur erwachsenen Raupen (L5)
3.3 Die letzten Tage im Leben einer Raupe.
09.06.2020
Häutung oder Verpuppung?!
Beobachtung: Morgendliche Ruhe im Aerarium – ein Teil der Raupen vornehmlich die Kleineren kreucht schon umher, der große Rest hängt gesellig in zwei Bereichen der Brennnesselpflanzen verteilt rum.
Beobachtung: 20-30 hängen wie schon gestern in der obersten Ecke des Aerarium, wo das Fliegengitter leicht umgeklappt ist. Gestern hatte ich erstmalig dieses Verhalten beobachten können. Deckenhänger unterscheiden sich von ihrer Größe nicht von den anderen Raupen. Spezielle Vorbereitungen zur anstehenden Verpuppung sind damit wohl eher auszuschließen.
Vermutung: Vielleicht eine Art Abkapslung/ Separierung Aufspaltung der Gruppe, Schutz, Platzmangel, Ressourcenknappheit? Oder doch nur die Vorbereitung auf die letzte Häutung?

Um 16.00 Uhr nachdem ich frische Brennnessel besorgt hatte, sind immer noch keinerlei Aktivitäten bei der großen Masse zu beobachten. Selbst bei Erschütterungen am Aerariums, die beim Austausch des Futters und der Entnahme der Sichtfolie unvermeidbar sind, keinerlei Bewegung, keine Reaktion, Raupen sind wie erstarrt.
Auch um 21.00 Uhr keinerlei Aktivität?! Einige wenige Raupen sind unterwegs und fressen, aber die anderen hocken gesellig beieinander. Nach zwischenzeitlichen vermehrten Kopfschlagens kehrt zum Abend hin wieder Ruhe ein?!
10.06.2020
Schlupf einer L5-Raupe
Ähnliches Bild wie gestern Morgen – fast alle Raupen sitzen nahezu regungslos an den zwei Stellen im Aerarium.
Vermutung: Sollten das wirklich schon die Vorbereitungen für die Verpuppung sein?! Nein, die Verpuppung lässt definitiv noch ein paar Tage auf sich warten. So wie es aussieht, war es die Ruhephase vor der letzten Häutung. Vermutlich verzögert sich die Verpuppung aufgrund der tieferen Temperaturen?!
Beobachtung: Der Häutungsprozess ist irgendwie etwas spooky! Bei der der Häutung platzt die alte Raupenhaut im Kopfbereich hinter den Augen auf und die Raupe schlüpft Körpersegment nach Körpersegment aus ihrer alten Haut. Auch die Dornen scheinen sich erst nach der Häutung wieder auszubilden. Dornen sind nach der Häutung komplett weiss und durchsichtig, auch der Kopfbereich ist rötlich/ orange – nachhärten. Die fast 1cm- großen Hüllen liegen verteilt im Aerarium und in den alten Gespinsten herum.

11.06.2020
Zeit für die letzte Häutung!
Aktion: Rabiate Säuberung des Aerariums – vermutlich eine der Letzten – da die vergangenen Tage extrem viel an Raupenkot, vertrockneter Pflanzenreste und Gespinste angefallen ist, ich die Häutung aber nicht stören wollte, wurde es mal wieder Zeit, um aufzuräumen. Gleiches Aufräum-Prozedere, so wie gehabt – frische Brennnessel besorgen, den alten Kram raus, Acht auf die Raupen geben, den ganzen Trupp zwischenzeitlich auf der Sichtfolie parken, Küchentuch am Boden tauschen, Flasche mit frischem Wasser und Pflanzen hineinstellen. Raupen mit dem restlichen Material zurück auf den Boden des Aerariums schütten. Neben den Pflanzen in der Flasche zusätzlich Kletterhilfen auf die Pflanzen anbieten – wobei ich zuvor auch schon beobachten konnte, dass die Raupen die glatte Oberfläche der Glasflasche ohne Probleme hinaufgekrabbelt sind.

Reaktion: Vereinzelt zeigten die Raupen wieder ihre bekannte Stress-/ Abwehrreaktion, indem sie ihren Mageninhalt ausspuckten. Naja, was muss, das muss. Das Aerarium ist wieder sauber – sollte bis zur Verpuppung wohl ausreichen.
Vermutung: Die 6 frischen Pflanzen reichen wahrscheinlich gerade bis Morgen, denn vor allem nach der Häutungsruhe ist der Appetit erfahrungsgemäß immens?!
Plan: Stängel der alten Pflanzen aufbewahrt, um damit Gelegenheit zum Aufhängen zur Verpuppung zu geben. Inwieweit das von den Raupen zur Verpuppung angenommen wird, oder ob sich alle an das Fliegengitter von Seiten und Decke kleben, bleibt abzuwarten.
Beobachtung: Einige Raupen sitzen auch am Ende des Tages noch im Material, dass ich heute Morgen nach der Säuberung auf den Boden des Aerariums gelegt habe.
Vermutung: Möglicherweise handelt es sich bei den Raupen um Nachzügler, bei denen die Häutung erst noch bevorsteht. Während die anderen sich schon den ganzen Tag über die frischen Brennnesseln einverleibt haben.
12.06.2020
Hormongesteuerter Sturm & Drang nach Freiheit
Am Morgen herrscht überwiegend Trägheit. Eine Raupe erforscht – vermutlich aufgrund des begrenzten Nahrungsangebotes die Fluchtmöglichkeiten. Deshalb habe ich heute erneut sieben frische Pflanzen besorgt und ins Aerarium gestellt.
Beobachtung: Es dauert nicht lange und das Blätterdach ist kahlgerodet. Die Raupen orientieren sich zunächst nach oben, was damit zusammenhängt, dass die jungen Pflanzentriebe einen höheren Stickstoffgehalt aufweisen. Sobald die oberen Regionen abgefressen sind, begeben sie sich dann in die unteren Blattregionen. Das Schicksal der Gefangenschaft – was bleibt ihnen in einem Aerarium anderes übrig?! Fressrate hat sich nochmals gesteigert – wenn es so weitergeht, dann werden heute Abend schon neue Futterpflanzen nötig – spätestens Morgenfrüh!

Beobachtung: Ah Hilfe!!!! Am Nachmittag wird’s stressig!! Als ich im Laufe des Tages zum Aerarium komme, sind mindestens ein Dutzend Raupen ausgebrochen und kriechen irgendwo außerhalb des Aerariums in der näheren Umgebung rum.
Vermutung: Direkt neue Pflanzen geholt, aber der Drang nach Freiheit lässt sich offensichtlich auch durch das frische Futter nicht wirklich eindämmen. Möglicherweise handelt es sich hierbei um das „hormongesteuerte Zerstreuen“ vor der Verpuppung, von dem ich gelesen hatte?!
Reaktion: Mehrere Raupen per Fingertaxi auf die Brennnessel hinter der Hecke zum Nachbarn abgesetzt.
Aktion: Danach die undichten Stellen des Aerariums mit Kreppband abgeklebt. Das Aerarium platzt aktuell aus allen Nähten. Aufgrund der unkontrollierbaren Aktivität konnten die alten Pflanzenreste natürlich nicht entfernt werden. Diese Aktivität muss direkt mit der Außentemperatur zusammenhängen.

Vermutung: So schnell, wie die Raupen aktuell kriechen, habe ich bisher noch nicht beobachtet?! Was wohl damit zusammenhängt, dass Insekten zu den Wechselwarmen (poikilotherme) Lebewesen gehören und aktuell Heißzeit mit 30°C herrscht.
Tagesfazit: Puhh! Echt stressiger Tag, vor allem was die Raupen betrifft und wegen der Bullenhitze sowieso – aber so eine Hyperaktivität hatte bisher echt noch nicht miterlebt. Liegt wahrscheinlich an der Größe der Raupen und der damit zusammenhängenden Bewegungsamplitude der kräftigen Beinpaare?! Und in jedem Fall in Kombination mit der Außentemperatur und einem suboptimal abgedichteten Aerarium bedeutet das Stress pur!!!
13.06.2020
Pädagogisch wertvoller Kurzurlaub
Plan: Heute werde ich in jedem Fall schon am Morgen versuchen, Ordnung im Aerarium zu schaffen. Es ist unbedingt empfehlenswert alles in der Früh bei tieferen Temperaturen zu erledigen, wenn die Fressmaschinen noch träge sind.
Beobachtung: Im Laufe des Tages extrem hohe Aktivität: Viele büxen aus – weshalb ich einen Teil (5-10) ins Brennnesselfeld auf der anderen Seite der Hecke packe.

Kurzurlaub: 7 Ausbrecher packe ich mit Brennnesseln in eine Plastikschale mit Fliegengitter, die Sophia über Nacht mit nach Hause nehmen darf. Sie freut sich riesig über ihre neuen Haustiere auf Zeit. Sie ist sehr fürsorglich, ruft im Laufe des Tages noch zwei mal an, ob die Raupen lieber in der Sonne stehen wollen oder im Schatten und ob die keinen Raupen keinen Durst hätten und etwas trinken müssten, weil es doch heute so warm ist?!
Aktion: Auf Grund der hohen Außentemperaturen (>30°C) wird es erstmals erforderlich, dass ich das Aerarium am späten Nachmittag in den Holzschuppen stelle. Dort ist es wesentlich kühler und das Aerarium vor direkter Sonnenbestrahlung geschützt. Ich hoffe, dass sich so das Wanderbestreben der Raupen ein wenig drosseln lässt?!
14.06.2020
Die Ruhe nach dem Sturm
Nach den 2 stressigen Tagen mit Temperaturen um die 30°C und etlichen Fluchtversuchen verspricht es heute entspannter zu zugehen.
Beobachtung: Um 7.00 Uhr sind die Raupen noch relativ träge, nur einzelne Raupen nagen schon an den Pflanzenresten des Vortages. Viel ist zwar nicht übriggeblieben, aber bis zum Mittag sollte es noch ausreichen.
Aktion: Vom Laufen eine purpurne Brennnessel mitgebracht. Und vor dem Saubermachen ins Aerarium gestellt (zwischen den Seiten eingeklemmt). Während sich die Raupen auf die frische Kost stürzen, kann ich das alte Futter vorsichtig mit der Schere ausdünnen und aus dem Aerarium entfernen.

Aktion: Nach der Säuberungsaktion wurde die Tagesration an Brennnesseln besorgt. Da ihnen die rote Brennnessel zu munden scheint, habe ich davon ein Bund von acht Pflanzen rangeschafft. Vorsorglich zwei Brennnesseln als Reserve.
Beobachtung: Die purpurnen Brennnesseln von einem anderen Standort als dem sonstigen Brennnesselfeld scheinen weniger schnell schlapp zu machen, da die Blätter ledriger sind, allerdings sind die Pflanzen auch weniger saftig!?
Aktion: Kurzurlaub beendet. Sophia bringt die 7 Raupen zurück, die zusammen ins Aerarium zurückgesetzen. Zuckende/ mit dem Kopf schlagende Raupen
16.06.2020
Vorbereitungen zur Verpuppung
Aktion: Vom Laufen eine frische Purpur-Brennnessel mitgebracht. Danach stand ein Großputztag auf dem Programm. Bei der Aktion wurde leider 1 Raupe zerquetscht. Eine weitere Raupe entwischt mir auf das Laubendach. Außerdem wurde das Fliegengitter-Dach durch eine Pappe ausgetauscht.

Konsequenz: Durch die Dichte der Pappe kommt weniger Licht ins Aerarium, was die Bildqualität verschlechtert. Eventuell muss ich die nächsten Fotos mit künstlicher Lichtquelle aufnehmen?!
Beobachtung: Unmittelbar nachdem das Pappdach instaliert war, begeben sich fast die komplette Raupenschaft im Laufe des Tages unter die Pappe. Und am Abend hängen die ersten 4 Raupen mit dem Kopf nach unten regungslos unter der Decke – die Verpuppung beginnt.

Beobachtung: Überraschenderweise hängen viele kleinere Raupen unter Decke. Inwieweit diese Raupen von der Entwicklung her tatsächlich schon so weit sind, um sich zu verpuppen, kann ich nicht beurteilen, halte ich aber zumindest für fragwürdig?! Weil der Größenunterscheid zu den noch Fressenden doch erheblich ist. Die Raupen, die an der Decke hängen, scheinen kleiner zu sein, als sie zuvor waren. Geschrumpft?!
Resümee & Ausblick
Exakt 37 Tage nach dem Schlupf scheinen die ersten Vorbereitungen zur Verpuppung zu beginnen. Die ersten vier Raupen hängen leicht gekrümmt an der Decke des Aerariums. Dazu haben sie sich, so wie es typisch für Stürzpuppen ist, mit ihren Nachschiebern mit dem Kopf nach unten hängend am Pappdach befestigt.
Der Höhepunkt der eigentlichen Metamporphose zum Falter steht zwar noch an, aber jetzt ist vor allem eins gefragt – und zwar Geduld & Ruhe!! Nach ungefähr zwei bis drei Wochen (15 bis 23 Tage) nach der Verpuppung schlüpfen dann hoffentlich viele wunderschöne Falter (Literatur: 10-16 Tage).
Rückblick
Live-Experiment Teil 1:
Die Eiablage

Live-Experiment Teil 2:
Die Eireifung

Live-Experiment Teil 3.1:
Die Jungraupen (L1-L3)

Live-Experiment Teil 3.2:
Die Mittelraupe (L3-L4)
