Beobachtung aus der Landschaft – es blitzt am Krötenzaun im LSG Röhlinghausen

Dem wachsamen Beobachter fiel beim Durchlaufen des LSG Röhlinghausen Mitte März ein grauer Passat Kombi auf, der kurz vor der Baustelleneinfahrt zur Kanalisierung des Hüller Bachs im Rahmen der Emscher-Renaturierung verdächtigt am Straßenrand parkte. Zunächst war ich noch davon ausgegangen, dass es irgendein Betreuer des Amphibienschutzzauns sein würde, der sein Fahrzeug dort kurz geparkt hat, um eine der zweimal pro Tag zu erfolgenden Kontrollen des Zauns nachzukommen. Aus der Nähe stellte sich dann jedoch heraus, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen mobilen Blitzer der Verkehrswacht handelte. Doch welchen Sinn kann es haben, einen Blitzer in einen dünn bis gar nicht besiedelten Gebiet im Herner Westen zu platzieren?

Sturmschäden Amphibienschutzzaun an der Hofstrasse im LSG Röhlinghausen.
Amphibienschutzzaun an der Hofstrasse im LSG Röhlinghausen [BILD 20.02.2020].

Kurz ein paar Infos zum Ort des Geschehens

Die Hofstraße, die das Landschaftsschutzgebiet durchschneidet, ist eine 1,4 km lange Straße, die den Gelsenkirchener Stadtteil Bulmke-Hüllen mit dem Herner Stadtteil Röhlinghausen verbindet. Sie führt auf kerzengrader Strecke durch ein relativ dünnbesiedeltes Landschaftsschutzgebiet. Es geht vorbei an einer stillgelegten Deponie, waldähnlichen Bereichen, unter der Erzbahnbrücke her, weiter vorbei an Pferdekoppeln und landwirtschaftlich genutzten Feldern und über den Hüller Bach. Unmittelbar vor dieser Brücke befindet sich ein Reiterhof, wo normalerweise aus dem Bereich mit Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eine verkehrsberuhigte 30er-Zone wird, was damit zusammenhängt, dass sich das Gesicht der Straße auf den letzten 400 Meter hinter der Hüller-Bach-Brücke aufgrund der anschließenden Wohngegend grundlegend ändert. Aufgrund einer temporären Baustelle, bei der im Rahmen der Emscher-Renaturierung ein neues Pumpwerk entsteht respektive zum Großteil während der letzten Monaten gebaut wurde, beginnt die 30er-Zone seit gut einem Jahr knapp 200 Meter früher.

Behördliche Wegelagerei im Herner Westen? Sicherlich nicht

Vorschnell könnte man nach Schilderung der Situation zu der Annahme kommen, dass es sich in dem Fall gefühlt um eine Form von staatlicher Behördenwillkür, Abzocke oder Wegelagerei handelt, doch der Schein trügt. Auf den knapp 1,4 Kilometern befinden sich keine Ampeln, kein Zebrastreifen und keine Wohnhäuser – vor allem nach Eintritt der Dunkelheit ist dieser Straßenabschnitt die ideale Strecke für notorische Bleifüße, um mal ordentlich auf das Gaspedal zu treten, den Motor aufheulen und die Tachonadel sinnbefreit nach rechts ausschlagen zu lassen.

[BILD 16.03.2021].

…eher zum Schutz der Amphibien und deren Schützer

Dass in diesem wenig unfallträchtigen Verkehrsbereich des LSGs überhaupt Geschwindigkeitskontrollen stattfinden, hängt aber auch damit zusammen, dass zur Zeit die amphibischen Laichwanderungen erfolgen, und aus diesem Grund so wie in jedem Jahr im Zeitraum von Ende Februar bis Ende April an jeden Tag  jeweils morgens und abends ein obligatorische Kontrollgang am dortigen Amphibienschutzzaun durchgeführt werden muss. Zum Ärgernis der ehrenamtlichen Artenschützer ist es bei diesen Kontrollen in der Vergangenheit schon mehrmals zu gefährlichen Zwischenfällen mit rücksichtslosen Autofahrern gekommen.

Staatliche Erziehungsmaßnahme treffen zumeist das Portmonnaie

Bereitschaft und die Einsicht, Rücksicht auf wandernde Amphibien und ehrenamtlich handelnde Akteure zu nehmen, sind nicht bei allen Bürgern im ausreichenden Maße vorhanden. Diesem Defizit versucht die Verkehrserziehung entgegenzuwirken. Wobei man durchaus differenzieren muss, da Verkehrssünder nicht gleich Verkehrssünder ist. Einige sind einfach nur naiv und unwissend, andere hingegen ignorant und egoistisch! Vertreter der letztgenannten Gruppe gilt es mit Hilfe solcher Erziehungsmaßnahmen über den Geldbeutel nachzuschulen und ihr Verhalten im Idealfall sozialverträglich anzupassen.

[BILD 16.03.2021].

Manöverkritik: Verbesserungspotential eindeutig vorhanden

Kritisch zu beurteilen ist aus Sicht des Naturschutzes der Zeitpunkt der durchgeführten Geschwindigkeitsmessung – im Sinne der Verkehrserziehung sollte der Zeitpunkt natürlich irrelevant sein. Erfolgt die Verkehrserziehung jedoch primär zum Schutz der wandernden Amphibien und der ehrenamtlichen Helfer, ist der Zeitpunkt der Kontrollen zu überdenken, da die Amphibienwanderung vornehmlich in der Dämmerung erfolgt. Außerdem ist die Höhe potentieller Überschreitungen in den späten Abendstunden erfahrungsgemäß höher, womit die verkehrstechnischen Erziehungsmaßnahmen auch die Richtigen mit voller Härte treffen würden. Andererseits flacht das Verkehrsaufkommen in den Abendstunden ab, was für eine Verbreitung durch Mundpropaganda als indirekter Effekt einer solchen Maßnahme widerrum nicht förderlich wäre. Wie auch immer, dass im LSG Röhlinghausen zumindest sporadische Kontrollen durchgeführt werden, ist durchaus als positiv für mehr Rücksicht zu werten. Inwieweit diese Taktik allerdings zu einem nachhaltigen Umdenken führt, bleibt zumindest fragwürdig. Ginge es nach mir, dürften die Kontrollen gerne regelmäßiger, zu variierenden Uhrzeiten und ganzjährig erfolgen.


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