Zu Beginn des diesjährigen Amphibienschutz-Projektes, bei dem wie in jedem Jahr der knapp 300 Meter langer Kunststoffzaun auf der Böschungskante entlang der L639 aufgebaut werden soll, fiel auf, dass sich am Ort des Geschehens vegetationstechnisch einiges verändert hatte. Irgendwas war anders, aber was? Dass sich die Brombeeren weiter ausgebreitet haben und den Bereich flächendeckend überwuchern würden, davon war auszugehen. Doch das war es auch nicht, was die gefühlte Veränderung ausmachte. Erst beim zweiten Blick bemerkte ich, dass im Vergleich zur letzten Ortsbegehung, die beim Zaunabbau Ende April 2020 stattgefunden hatte, einer der knapp 30 Meter hohen Baumriesen, der bisher am Fuße des Bahndamms stand, nur noch zum Teil dort steht.

Schadensbild möglicherweise Ergebnis des fortschreitenden Klimawandels?!
Die komplette Baumkrone liegt vom Brombeergestrüpp teils verdeckt auf dem Boden, während der untere Teil des Baumstammes samt der Wurzel weiterhin senkrecht in der Botanik steht. Es sieht alles danach aus, als sei der Baum in der Stammmitte durchgebrochen. Sehr wahrscheinlich wurde dieser Umstand durch die Wasserknappheit der zurückliegenden Dürrejahre (2018-2020) und einer damit einhergehenden verminderten Elastizität der hölzernen Baumstrukturen begünstigt. Denn eigentlich waren die bisherigen Stürme – zumindest von den erreichten Windgeschwindigkeit – nicht annähern von der Stärke, dass sie gesunde Bäume der vorliegenden Größe hätten zerbrechen lassen können.
Mehrwert entwurzelter Flachwurzeler – alternative zu seltenen Steilwänden
Das beobachtete Schadensbild weicht in dem Fall von den regelmäßig zu beobachtenden Entwurzlungen der flachwurzelnden Birken und Weiden ab, bei denen der Wurzelteller samt Erdreich in die Höhe ragt und Steilwandbrüter wie beispielsweise den Eisvögeln eine alternative Nistgelegenheit bieten kann. Die explosionsartige Zersplitterung des Stamms ließe sich wohlmöglich auch noch durch einen direkten Blitzeinschlag erklären. Was auch immer zur Entkronung des Baumes geführt hat, die Baumhälfte ist glücklicherweise in einen Bereich zu Boden gefallen, wo sie die Aktivitäten des Schutzzauns nicht stört.

Pappel und Weide sind botanische eng miteinander verwandt…
Obwohl die Baumkrone schon eine Weile am Boden liegt und jegliche Verbindung mit den Wurzeln gekappt ist, scheint weiterhin Leben im Baum zu sein. So haben sich trotz des offensichtlichen Totalschadens aus den im oberen Teil des Stammes verbliebenen Säften Knospen bilden können, die sich jetzt (25.03.2021) geöffnet haben. Das Bild zeigt die roten Kätzchen einer Schwarz-Pappel, die ich vor dieser zufälligen Begegnung bisher nicht bewusst beobachtet habe, was in erster Linie damit zusammenhängt, dass man sie unter normalen Umständen nur in den unerreichten Höhen des Baumwipfels bewundern kann. Die Form der frühen Blüte erinnert in ihrer Kompaktheit ein wenig an die charakteristischen Kätzchen von Weiden. Und diese Ähnlichkeit kommt nicht von ungefähr. Sowohl Weide als auch Pappel werden botanisch zur Familie der Weidengewächsen zählt, was die Ähnlichkeit ihrer Blüten erklärt. Diese Beobachtung trifft aber nur auf den Zeitpunkt unmittelbar nach dem Öffnen der Knospe zu. Schon wenige Tage später ähneln die Blütenstände eher denen der gewöhnlichen Hasel (Corylus avellana).